Autonome Berufsdemonstranten sind gereizt: „Sie können mich am Arsch lecken“

Kassel. Vor drei Wochen kannte noch niemand den „Arbeitskreis Casseler Autonomer Berufsdemonstrant_innen“ in Kassel. Anfang dieser Woche sorgte dieser für Schlagzeilen.
Und zwar nachdem er die Gruppe „Kassel gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Kagida) von ihrer gewohnten Kundgebungsfläche auf dem Scheidemannplatz verdrängt hatte. Möglich wurde das, weil zuvor der Hessische Verwaltungsgerichtshof ein Demonstrationsverbot der Stadt Kassel aufgehoben hatte. 40 der sogenannten Berufsdemonstranten demonstrierten dann vor dem Jagdmodengeschäft Frankonia, Kagida war auf die andere Straßenseite vor die Kasseler Bank ausgewichen.Wer aber steckt hinter diesen Berufsdemonstranten? Auf der Facebook-Seite wird kein Ansprechpartner genannt. Angemeldet hat die Demonstrationen Peter Lubberich aus Kassel. Eine HNA-Anfrage per E-Mail beantwortete er nicht. Als er am Donnerstag nach mehreren Versuchen, ihn telefonisch zu erreichen, an sein Handy geht, wirkt er nicht erfreut. Lubberich will wissen, woher die Redaktion seine Nummer hat.
Nachdem er mit Hinweis auf den Quellenschutz keine Antwort erhält, reagiert er gereizt. Auskünfte über die Gruppierung will er nicht geben. Stattdessen sagt er: „Die HNA ist genauso schlimm wie Kagida.“ Mit der Aufforderung „Sie können mich am Arsch lecken“ beendet Lubberich das etwa einminütige Telefonat. Eine Anfrage beim Landesamt für Verfassungsschutz zu der Gruppierung ist noch nicht beantwortet.
Polizei verhindert Übergriffe
Die Kasseler Polizei hatte an diesem Montag verhindert, dass rund 20 der Berufsdemonstranten den sogenannten Spaziergang von Kagida attackieren konnten. Die Beamten unterbanden Übergriffe der linken Demonstranten, die teils Sprüche wie „Nie wieder Deutschland“ und „Wir kriegen euch alle“ grölten.
Der Arbeitskreis scheint eine ähnliche Vorliebe für Kassels historischen Namen mit C wie rechte Gruppen zu haben. Sowohl Neonazi Bernd T. wählte für seine Kameradschaft „Sturm 18 Cassel“ diese Schreibweise als nun auch der „Arbeitskreis Casseler Autonomer Berufsdemonstrant_innen“. Vermutlich damit die Abkürzung ACAB möglich ist, was für die Beleidigung „All cops are bastards“ (Alle Polizisten sind Bastarde) steht.
Aus den Reihen des Bündnisses gegen Rechts, das ebenso jeden Montag auf die Straße geht, gibt es keine Auskunft über die neuen Mitstreiter gegen Kagida. Weder beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) noch bei der Partei Die Linke will man jemanden aus dem Arbeitskreis namentlich kennen. Auch eine Nachfrage beim „Mobilen Beratungsteam gegen Rassismus und Rechtsextremismus“ (MBT) in Kassel verläuft negativ.
Kritik an Abkürzung
Auf Anhieb akzeptiert wären die Berufsdemonstranten im Bündnis gegen Rechts vermutlich nicht. Die Abkürzung ACAB sei auch in der Neonazi-Szene gängig, sagt Grünen-Parteivorsitzender Thomas Flügge. „Wer solche Kürzel verwendet, mit dem setze ich mich genauso wenig an einen Tisch wie mit Kagida.“ Vielmehr müssten sich gemäßigte Gruppen im Bündnis gegen Rechts weiter dafür einsetzen, nicht in das Katz-und-Maus-Spiel um die Vorherrschaft auf dem Scheidemannplatz einzusteigen, sagte Flügge. „Damit gibt man Kagida nur weitere mediale Öffentlichkeit.“
Von Claas Michaelis und Ulrike Pflüger-Scherb