Putzen im Akkord: Verstöße gegen Mindestlohn bei Gebäudereinigern
Kassel. Putzen im Akkord: Seit Januar gilt in der Reinigungsbranche ein Mindestlohn von neun Euro. Doch vor allem kleine Unternehmen versuchen den Tariflohn nach Darstellung von Gewerkschaften mit allerlei Tricks und Vorgaben zu unterlaufen, die einem Akkord gleichkommen.
Auch in Kassel gibt es demnach Arbeitsverträge, wonach der Mindestlohn nur gezahlt wird, wenn beispielsweise pro Stunde eine bestimmte Anzahl an Hotelzimmern gereinigt wird. Schaffe die Reinigungskraft das nicht, werde der Lohn gekürzt.
„Es ist eine Art Akkord, der verboten ist, aber gemacht wird“, sagt Andreas Kraft vom Bezirksverband Nordhessen der IG Bauen-Agrar-Umwelt. Die Gewerkschaft handelt die Tarifverträge für die Gebäudereiniger aus und vertritt in Nordhessen 6060 Reinigungskräfte.
Ansonsten werde der Mindestlohn zwar gezahlt, aber bei den Stunden getrickst. Oder die Mitarbeiter müssten an einem Tag an verschiedenen Einsatzstellen putzen, Fahrtzeiten würden aber nicht angerechnet. „Einen offensichtlichen Mindestlohnverstoß sieht man selten, weil das bei einer Kontrolle sofort auffallen würde“, sagt Kraft. Um die Vorgaben zu schaffen, würden Arbeiten wie etwa das tägliche Wischen der Fensterbänke ausgelassen. „Man lebt von dem Beschiss.“
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bestätigt die Vorwürfe. So würden Arbeitsverträge über 40 Stunden geschlossen, aber nur 20 Stunden zugeteilt und gezahlt. Dem Mitarbeiter werde gesagt: Es gibt keinen Auftrag. Bleib’ heute mal zu Hause. „Viele lassen das einfach durchgehen“, sagt Harris Ziebarth vom zuständigen Verdi-Fachbereich. Dies sei Lohndumping durch die Hintertür.
Bei der Landesinnung Hessen des Gebäudereiniger-Handwerks, die 310 Mitgliedsbetriebe vertritt, kennt man das Problem. „Natürlich gibt es schwarze Schafe“, sagt Geschäftsführer Detlef Stange. „Wir versuchen, die immer wieder rauszufiltern.“
Mehr zum Thema lesen Sie auch in der gedruckten Montagsausgabe der HNA.