1. Startseite
  2. Kassel

Psychologin erklärt, welche Folgen der Mund-Nasen-Schutz hat: „Maske richtet psychischen Schaden an“

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Kathrin Meyer

Kommentare

Wochenmarkt mit Gesichtsmasken in Dresden.
Nicht nur in Kassel gilt die Corona-Maskenpflicht: Auch auf Wochenmärkten wie hier in Dresden müssen Kunden Mund und Nase bedecken. © Robert Michael/dpa

Welche Auswirkungen haben die Einschränkungen in Coronazeiten auf unsere Psyche? Darüber haben wir mit der Psychologin Antje Ottmers aus Kassel gesprochen. Sie sieht vor allem die Maskenpflicht kritisch.

Welche Folgen hat Corona für unsere Psyche?

Da lassen sich vorwiegend zwei Richtungen ausmachen. Die einen haben Angst und ziehen sich vor allem zurück, andere hingegen werden aggressiv. Ausgelöst wird das durch die Einschränkung der Selbstwirksamkeit. Diese Einschränkungen führen zu unterschiedlichen Verhaltensmustern, welche, das ist von der Persönlichkeit und der jeweiligen Einschätzung der Situation abhängig.

Das heißt konkret?

Wenn der Eindruck entsteht, dass man das eigene Leben nicht mehr beeinflussen kann, kann man entweder versuchen, etwas am eigenen Verhalten zu ändern oder aber Einfluss auf die Umgebung oder andere Personen nehmen. Angst macht sich auch dadurch bemerkbar, dass diese Personen dann versuchen, andere zu Dingen zu zwingen. Beispielsweise dazu, dass der andere eine bestimmte Meinung vertreten oder sich entsprechend verhalten soll. Das steigert sich umso mehr, wenn sich die Person weigert, das zu tun. Im Alltag findet sich das dann oft in einer Art Kampf wieder.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Was ich oft erlebe, ist, dass Menschen sich nicht wahrgenommen fühlen. Das ist auch in engen Beziehungen ein Problem, teilweise auch bei Ehepaaren. Die Personen fühlen sich in der Situation als eine Gefahr wahrgenommen. Sie versuchen, ihrem Gegenüber zu sagen, sie sind keine Gefahr und der andere beharrt auf der gegenteiligen Ansicht. Daraus entsteht eine Art Kampf. Das sieht dann so aus, dass sich der andere zurückzieht und bestimmte Kontakte oder Dinge meidet. Als Folgen zeigen sich Angst oder Aggressionen.

Wie lässt sich die von Ihnen genannte „Gefahr“ konkret fassen?

Eine Gefahr ist für viele in diesen Tagen vor allem die Gefahr der Ansteckung. Und im übertragenen Sinn jemand, der keine Maske trägt. Personen, die Angst haben, haben oftmals Angst davor, dass die, die keine Angst haben, zu leichtsinnig mit der Situation umgehen. Sie versuchen, die Menschen insofern zu beeinflussen, dass diese beispielsweise kein Restaurant besuchen oder nicht ins Schwimmbad gehen sollen.

Wie geht es jemandem, der schon vor Coronazeiten mit einer psychischen Erkrankung zu kämpfen hatte?

Ich könnte im Moment tatsächlich eine Zweit- und Drittpraxis eröffnen, weil die Nachfrage so groß ist. In den vergangenen Wochen hat hier wirklich das Telefon geraucht.

Haben Sie auch Therapie über das Internet gemacht?

Nein. Eine Online-Therapie ist aus meiner Sicht nur ein Kompromiss zu der tatsächlichen Therapie, bei der man persönlichen Kontakt zu den Klienten hat. Bei der direkten Therapie arbeitet man mit sogenannten Spiegelneuronen. Das heißt, dass man über bestimmte Wahrnehmungen fühlen und einschätzen kann, wie sich der Betroffene gerade fühlt. Das ist am Bildschirm so gar nicht möglich. Am Anfang der Kontaktbeschränkungen habe ich auch einige Male Telefontherapie gemacht. Viele waren in dieser Zeit sehr verunsichert. Das hat sich aber dann nach wenigen Tagen gegeben, weil die meisten froh waren, wieder persönlichen Kontakt zu einem Menschen haben zu können. Kontakte zählen zu unseren Grundbedürfnissen.

Gibt es bestimmte Personengruppen, die besonders betroffen waren?

Ich habe es so empfunden, dass durchgängig alle psychischen Erkrankungen schlimmer geworden sind. Ängste, die eigentlich stabil waren, sind wieder hochgekommen, gleiches gilt für Depressionen. Auch Traumapatienten sind durch den neuen Zwang angetriggert worden. Das Ohnmachtsgefühl hat teils zu massiven Selbstverletzungen geführt. Die Patienten konnten nicht in Kliniken eingewiesen werden, weil die keinen aufgenommen haben.

Wie wirkt sich das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes aus?

Seitdem ist es in der Praxis regelrecht eskaliert. Es ging noch, als es lediglich Einschränkungen im sozialen und wirtschaftlichen Bereich gab. Aber seit alle in bestimmten Bereichen eine Maske tragen müssen, haben die psychischen Auswirkungen massiv zugenommen.

Was genau macht die Maske zum Problem?

Wir haben ein bestimmtes Bild von einem Menschen im Kopf. Die Masken erzeugen für viele die Wahrnehmung, dass der andere gefährlich ist. Dieser Eindruck entsteht in Coronazeiten, sobald man das Haus verlässt. Der Mensch wird nicht mehr als Mensch, sondern als Gefahr wahrgenommen - und eine Gefahr gilt es oftmals zu bekämpfen. Mit den Masken wird ein sozialer Zündstoff geschaffen. Das führt zum Beispiel dazu, dass Mitarbeiter in Tankstellen oder Geschäften angegriffen werden, wenn sie die Kunden darauf hinweisen, dass sie eine Maske tragen müssen.

Welche Folgen hat das?

Massive. Aus meiner Sicht ist der Nutzen der Maske zu vernachlässigen, mit Blick auf den Schaden, den sie in der Psyche anrichtet. Die Maskenpflicht beruht vor allem auf am Computer ausgerechneten Korrelationen. Aber es spielen auch andere Faktoren eine Rolle, die dort nicht mit einberechnet werden. Mich wundert, dass in Deutschland die Maskenpflicht so kritiklos übernommen wird. Für mich gibt es keinen fundierten Beweis, wie sich Masken auf die Ausbreitung der Infektion auswirkt. Dafür haben wir aber jede Menge Belege, welchen psychologischen Schaden Masken anrichten.

Sollte man die Maskenpflicht beenden?

Im Grunde wäre aus meiner Sicht eine schrittweise Reduzierung notwendig. Wenn das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes von jetzt auf gleich unterlassen wird, würde auch das wiederum bei vielen massive Ängste auslösen.

Was raten Sie, um in diesen Tagen möglichst entspannt zu bleiben?

Man sollte sich viele Situationen schaffen, die man selbst beeinflussen kann. Ich finde menschliche Kontakte sehr wichtig. Man muss ein gutes Verhältnis finden zwischen Konfrontation und Vermeidung. Ich versuche beispielsweise, wenn ich zu gestresst bin, nicht mehr zu sehr in die Konfrontation zu gehen, sondern eher in die Vermeidung. Ich gehe dann beispielsweise an dem Tag nicht mehr einkaufen oder meide auch das Thema Corona in den Nachrichten. Wer nur vermeidet, kann irgendwann nicht mehr einschätzen, in welcher Situation wir uns gerade befinden.

Wie sollte man im Alltag am besten Nachrichten konsumieren?

Einmal am Tag. Nicht zu oft, weil eben auch viele Fakenews dabei sind. Vieles ändert sich laufend. Wenn man sich da ständig hochpusht, entsteht eine gefühlsmäßige Achterbahn. Die kann man insofern stabilisieren, dass man Nachrichten nicht dauerhaft konsumiert.

Bei vielen überwiegen in diesen Tagen die negativen Gefühle. Wie lassen sich die in positive wandeln?

Selbstkontrolle und Struktur ist wichtig im Alltag. Man sollte versuchen, möglichst viele positive Erlebnisse zu haben, auch wenn das im Moment eher schwierig ist. Wer einen Garten besitzt, hat einen Sechser im Lotto. Man sollte Problemhandlungen meiden und stattdessen positive Filme gucken, nette Bücher lesen, aufmunternde Begegnungen haben oder sich gutes Essen kochen. Bewegung ist wichtig. Aber persönliche Begegnungen sind aus meiner Sicht das Wichtigste.

Geht das auch online?

Für mich ist das eine Kompromisslösung. Wenn es nicht anders geht, ist das besser als nichts. Aber einen persönlichen Kontakt ersetzt das keinesfalls. Wir sind einfach Rudeltiere.

Reicht denn die Anwesenheit einer Person?

Auch wenn ein Risiko besteht, Umarmungen sind eigentlich lebenswichtig. Man muss nicht jeden Wildfremden in den Arm nehmen. Aber mit Menschen, die man schon lange kennt und die man einschätzen kann, würde ich körperlichen Kontakt empfehlen. Auch zuhören ist wichtig. Man sollte sich fragen, warum ist der andere so, warum macht er das. Was mich auf die Palme bringt, ist das Moralisieren.

Inwiefern?

Wir bewerten viele Dinge einfach nur. Man sollte sich häufiger fragen, warum es zu einer solchen Situation kommt. Wenn wir die Bedürfnisse der anderen nicht wahrnehmen und immer nur sagen, das ist gut und das ist schlecht, dann kriegen wir die aktuelle Stimmung aus meiner Sicht nicht in den Griff.

Corona-Maske trotz Asthma: Anna-Christina Reh kann wegen ihrer Asthma-Erkrankung keine Schutzmaske tragen. Doch ihr Metzger bestand auf der Maskenpflicht.

Auch interessant

Kommentare