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Interview: „Kinderlose sollen Ausbildung von Migranten zahlen"

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Von: Ulrike Pflüger-Scherb

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Kassel. Über die Notwendigkeit eines Einwanderungsgesetzes diskutieren Vertreter von CDU, SPD, Grünen, der Kasseler Linke und AfD am kommenden Montag, 13. April, 19.30, im Stadtteilzentrum Vorderer Westen, Elfbuchenstraße 3.

Der Kasseler Prof. Dr. Hermann Heußner, der an der Hochschule Osnabrück Öffentliches Recht lehrt, wird zu dem Thema einen Einführungsvortrag halten. Heußner vertritt provokante Thesen zur Einwanderung. So fordert er, dass kinderlose Deutsche künftig die Ausbildung für Migranten finanzieren müssen.

Herr Heußner, Sie vertreten die Ansicht, dass Deutschland dringend ein Einwanderungsgesetz braucht. 

Prof. Dr. Hermann Heußner: Ja, die Regelungen des vorhandenen Aufenthaltsgesetzes reichen nicht aus. Um den demografischen Infarkt, der ganzen Landstrichen in Deutschland droht, entgegenzuwirken, brauchen wir dringend Einwanderung. Wenn die geburtenstarken Jahrgänge bald in Rente gehen, benötigen wir in den kommenden 20 Jahren jeweils einen Einwanderungssaldo von 400.000 Arbeitskräfte, die zu uns einwandern. Das entspricht pro Jahr mehr als der Einwohnerzahl von Bochum.

Wo sollen die Leute herkommen? 

Heußner: Wir dürfen natürlich nicht den Ländern in Südeuropa, wie zum Beispiel Spanien, die Kräfte abwerben, die sie selbst dringend brauchen. Wir müssen die jungen Leute aus der Dritten Welt gewinnen, zum Beispiel aus Äthiopien oder Flüchtlingslagern in Syrien oder Jordanien.

Wie sollen die Menschen ausgewählt werden? 

Heußner: Natürlich müssen sie keinen IQ-Test machen. Allerdings wäre es sinnvoll, Anwerbeteams mit Filmen in

Hermann Heußner
Hermann Heußner

die Länder zu schicken, um den Menschen klarzumachen, was sie hier erwartet. Deutschland funktioniert nach der Uhr. Bei den Bewerbern müsste man zum Beispiel vier Wochen Pünktlich- und Zuverlässigkeit testen. Die jungen Menschen, die wir vor allen Dingen für das Handwerk und die Industrie benötigen, müssen ein Ausbildungsprofil erfüllen. Ansonsten werden sie in Deutschland nicht glücklich. Und Deutschland wird mit ihnen nicht glücklich.

Wie sollen denn junge Menschen aus der Dritten Welt fit für den deutschen Arbeitsmarkt gemacht werden?

Heußner: Sie müssen hier zunächst Deutsch lernen und einen Schulabschluss machen. Zudem müssen sie in die Gesellschaft integriert und von Sozialarbeitern betreut werden. Schließlich hat das Auswirkungen auf unsere gesamte Gesellschaftsstruktur. Wenn das nicht funktionieren würde, dann hätten wir Pegida hoch Zehn.

Und wer soll das alles bezahlen? 

Heußner: Die Menschen, die keine Kinder oder nur eins haben. Wer keine Kinder hat, spart pro Kind im Jahr durchschnittlich 4500 Euro. Ich sehe das als eine Art von Demografieabgabe.

Es gibt aber auch Menschen, die keine Kinder bekommen können. 

Heußner: Es geht hier nicht um eine Schuldfrage, sondern um einen finanziellen Lastenausgleich. Meine Frau und ich haben auch keine leiblichen Kinder bekommen können. Wir haben drei Kinder, auch aus der Dritten Welt, adoptiert.

Es wird sicher viele Kritiker Ihrer Vorschläge geben. 

Heußner: Wir müssen den Skeptikern klar machen, dass eine überalterte Gesellschaft nicht konkurrenzfähig ist. Wir müssen die Menschen an ihren Eigeninteressen packen und zum Beispiel fragen: Wer soll denn deine Großmutter pflegen? Im Landkreis haben wir bereits einen großen Leerstand an Häusern. Erben haben dadurch einen Vermögensverlust. Neue Nachfrage schaffen wir nur durch Einwanderung. Die Menschen sind schlau und verstehen das.

Warum hat Deutschland so ein großes Demografieproblem? 

Heußner: Weil sowohl das rechte als auch das linke politische Lager in der Vergangenheit in dieser Frage versagt haben, indem Vorstöße des jeweiligen Gegners stets blockiert wurden. Forderungen des konservativen Lagers nach einer Bevölkerungspolitik wurden beispielsweise mit der Politik der Nationalsozialisten gleichgesetzt. Und die Forderung der eher linken Parteien, die früh Ganztagsschulen forderten, wurde mit den Zuständen in der DDR verglichen.

Was blüht Deutschland ohne Einwanderung?

Heußner: Wo es hinführt, wenn man in einwanderungsfeindlichem Chauvinismus verharrt, sieht man an Japan. Dort stagniert die Wirtschaft seit 20 Jahren.

Zur Person: Prof. Dr. Hermann Heußner (54) ist in Kassel geboren und in Vellmar aufgewachsen Er studierte Jura in Göttingen und promovierte in den USA. Heußner lehrt an der Hochschule Osnabrück Öffentliches Recht. Er ist verheiratet und lebt mit seiner Frau und den drei Adoptivsöhnen im Alter von 9 bis 21 in Kassel.

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