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Henschel-Andromaten weltweit in brenzligen Einsätzen

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Von: José Pinto

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Spezialist bei der Arbeit: Romuald Staszak gehört zum Henschel-Industrietechnik-Team. Unser Foto zeigt ihn bei der Montage eines Andromaten. © HNA/Schachtschneider

Kassel. Die Andromaten der Kasseler Henschel Industrietechnik GmbH sind ganze Kerle. Wo sie zum Einsatz kommen, brennt im wahrsten Wortsinn die staubige Luft.

Denn die auch Manipulatoren genannten teilautomatisierten Handhabungssysteme verrichten ihren harten Job in Gießereien, Schmieden und Stahlwerken.

Dort werden mit den Bagger-ähnlichen, meist mit einem Greifwerkzeug ausgestatteten Geräten zum Teil noch rotglühende, bis zu fünf Tonnen schwere Werkstücke wie Gussteile für Windkraftanlagen, Maschinen- und Schmiedeteile sowie Motor- und Getriebegehäuse gehalten, gehoben, aufgehängt, geschliffen, entgratet und, und, und. Sie nehmen dem Menschen unzumutbare und gesundheitsgefährdende, aber unumgängliche Arbeiten in extrem heißer und zum Teil toxischer Umgebung ab.

Gesteuert werden die Greifspezialisten von Menschen, die in schallisolierten, belüfteten und klimatisierten Kabinen sitzen. Dabei können sie die Geräte ebenso hart wie feinfühlig zupacken lassen. In einem Werbefilm schließt ein Henschelaner mit einem klobigen Greifwerkzeug eine Zündholzschachtel, ohne sie zu beschädigen.

Die Henschel Industrietechnik bedient einen Nischenmarkt und ist mit ihren 45 Mitarbeitern Weltmarktführer. Nach Angaben von Mitgeschäftsführer Reinhard Vogel gibt es lediglich einen größeren Mitbewerber in Schottland und eine Handvoll kleiner. 15 bis 25 bis zu einer halben Million Euro teure Systeme in verschiedenen Größen und Ausführungen verkaufen die Kasseler im Jahr. Einschließlich Reparatur und Service, der mittlerweile die Hälfte zum Zehn-Millionen-Euro-Jahresumsatz beiträgt. Der Service ist umso wichtiger, wenn die Anlagen in die Jahre gekommen sind. Nicht selten laufen die Andromaten aus Kassel 30 Jahre und länger. Eine der ältesten Anlagen versieht ihren Dienst in einer Schmiede in Frankreich. Sie wurde Ende der 70er-Jahre ausgeliefert.

Die Manipulatoren aus dem Werk Mittelfeld sind weltweit im Einsatz, bei allen namhaften Autobauern in Europa, Fernost, Brasilien, den USA und Südafrika. Vertrieben werden sie von elf Vertretungen. Eine Spezialität ist ein Andromat, der eine Schleifmaschine zur aufwendigen Bearbeitung von riesigen Schiffsschrauben führt. Die Henschel-Profis bauen die Systeme beim Kunden auf, nehmen sie in Betrieb, liefern die Ersatzteile und reisen auch zur Reparatur an, wenn es gewünscht wird. Henschel-Industrietechnik-Mitarbeiter sehen viel von der Welt.

Weitere Artikel aus unserer Serie "Made in Kassel" finden Sie hier.

Die Geschäfte laufen nach der Krise wieder gut. „Wir haben ordentlich zu tun“, sagt Vogel. Die Kunden wüssten die Henschel-Qualität zu schätzen. Er führt das kleine Unternehmen mit Peter Vey, einem von zwei Gesellschaftern der Frankfurter VF Capital, der Muttergesellschaft der Henschel-Industrietechnik. VF Capital war 2006 eingestiegen.

In unserer nächsten Folge stellen wir die Recop GmbH vor, die unter anderem Füllstandskontrollsysteme und Sortier-Roboter für die Getränke-Industrie herstellt.

Von José Pinto

Hintergrund: Aus ThyssenHenschel hervorgegangen

Die heutige Henschel Industrietechnik ist aus der 1975 gegründeten ThyssenHenschel-Tochter AST hervorgegangen. 1992 wurde diese Ausgründung in die große ThyssenHenschel-Familie zurückgeholt und im Zuge des Verkaufs sämtlicher Industrie-Aktivitäten des Essener ThyssenKrupp-Konzerns 2003 von der Kero AG übernommen.

Die teilte die Henschel-Aktivitäten in Kassel in Einzelunternehmen auf und verkaufte sie nach und nach. Neben der Industrietechnik sind dies die Antriebs-, die Misch- und die Recycling-Technik, die heute als eigenständige Untenehmen zum Teil unter einem Dach arbeiten. 2006 übernahm die VF Capital die Industrietechnik zu 100 Prozent.

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