Mehmet Göker: Anwalt berichtet von „mafiösen Anrufen“ des ehmaligen MEG-Chefs
Kassel. Etliche frühere Mitarbeiter des Versicherungsvermittlers MEG erhielten unerwartete Anrufe. Am Telefon: Ihr ehemaliger Chef Mehmet Göker. Dieser soll sich nach ihren Familien erkundigt und die Hoffnung geäußert haben, dass alle gesund blieben.

Das sagt der Kasseler Rechtsanwalt Roland Wille. Für Wille sind das „mafiöse Anrufe.“ Damit habe Göker den ehemaligen Mitarbeitern indirekt gedroht, nichts auszuplaudern.
Wille vertritt mehrere frühere MEGler zurzeit vor dem Kasseler Arbeitsgericht. Dort geht es noch immer in einigen Prozessen um die Frage, ob der MEG-Insolvenzverwalter Dr. Fritz Westhelle Lohnsteuer, die die MEG damals für ihre Mitarbeiter an das Finanzamt abführte, nun von den Mitarbeitern einfordern kann.
Der Hintergrund: Nach der Razzia im Jahr 2007 bei der MEG hatten sich die Ermittler und Mehmet Göker darauf geeinigt, dass die MEG-Mitarbeiter als normale Angestellte und nicht als selbstständige Vertreter behandelt werden. Die Folge: Die MEG musste die Lohnsteuer und den Soli-Zuschlag pauschal nachzahlen. Dabei soll es sich um etwa zwei Millionen Euro handeln. Die genaue Summe nennt niemand - sie fällt unter das Steuergeheimnis.
Das Geld wollte Mehmet Göker aber nicht verlieren. Er forderte es von den Mitarbeitern zurück. Sie mussten zum Teil Ratenverträge unterschreiben, in denen sie sich verpflichteten, das Geld an die MEG zu zahlen. Wie das ablief, schildert Rechtsanwalt Wille so: „Die Mitarbeiter wurden einzeln in die Büros der Vorstände Michael Kopeinig und Björn K. geführt. Dort wurde ihnen gesagt: Die MEG und Mehmet Göker hätten so viel für sie getan, nun sei es an der Zeit, zurückzuzahlen.“

Wer nicht unterschreiben wollte, dem sei gedroht worden, so Wille: Er würde sofort den Job verlieren, und Göker würde dafür sorgen, dass sie in der Versicherungsbranche keinen Fuß mehr auf dem Boden bekämen. Roland Wille: „Um die Unterschriften zu bekommen, wurden die Mitarbeiter bedroht und arglistig getäuscht.“
Aber sie haben unterschrieben und damit einen Vertrag abgeschlossen, wird von Westhelle argumentiert. Und viele hätten versäumt, den Vertrag rechtzeitig anzufechten. Dr. Fritz Westhelle: „Ich bin als Insolvenzverwalter verpflichtet, im Interesse der Gläubiger solche Beiträge einzuklagen. Sonst verklagen die Gläubiger mich.“
Mehmet E. Göker - einst schillernder Unternehmer
112 entsprechende Mahnbescheide hatte Westhelle bereits Anfang 2011 an die MEG-Mitarbeiter geschickt. Mitterweile gab es etliche Prozesse mit unterschiedlichem Ausgang. Westhelle: „Wenn uns ein MEGler einleuchtend geschildert hat, dass seine Unterschrift nur unter massiver Bedrohung zustande kam, dann haben wir auf eine Klage verzichtet.“
Zurzeit seien noch 15 Fälle, in denen Mitarbeiter mit der MEG Ratenzahlung vereinbart hätten, anhängig.
Von Frank Thonicke