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Selbstversuch: Sport-Aufnahmeprüfung an der Uni Kassel

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Sprung: Aus dem Stand so hoch wie möglich.
Rolle rückwärts: HNA-Volontär Jürgen von Polier machte beim Turnen eine gute Figur.

Kassel. Wer an der Uni Kassel Sport studieren will, muss einen Eignungstest bestehen. Wir wollten wissen, wie hart der Test wirklich ist.

Hat man als normaler Hobbysportler eine Chance? HNA-Volontär Jürgen von Polier trat gestern am Institut für Sport als einer von 92 Teilnehmern an.

Als klar war, dass ich beim Eignungstest mitmache, war ich begeistert. Früher war ich in etlichen Sportarten aktiv: Akrobatik, Schwimmen, Baseball, Kampfsport, Leichtathletik.

Sogar im Schützenverein war ich Mitglied. Das Problem: Das alles ist bald zehn Jahre her. Ich halte mich eigentlich immer noch für sportlich. Aber hat man, wenn man dreimal pro Woche ins Fitnessstudio geht, auch das Zeug zum Sportstudenten?

In der Auesporthalle stehen 92 Athleten. Junge Männer und Frauen, die monatelang für diesen Tag geübt haben. Ich trete an, ohne mich vorbereitet zu haben. Plötzlich fühle ich mich zurückversetzt in die Schulzeit. Es ist das Gefühl vor der Klassenarbeit, für die man nicht genug gelernt hat.

Ich muss wählen, in welchen Mannschaftssportarten ich mich testen lassen will: Ich nehme Basketball und Volleyball und werde deshalb dem Team Norwegen zugeteilt. Alle Teams sind nach Teilnehmernationen der Frauenfußball-WM benannt. Wir sind vier Männer und drei Frauen.

Los geht es mit Turnen: Auf- und Umschwung am Reck, Rad, Handstand, Rolle vor- und rückwärts, Sprung

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über den Kasten. Übungen an Ringen und Barren: Kein Problem. Beim Hochsprung schaffe ich aus dem Stand 2,80 Meter. Perfekt. Beim Medizinballweitwurf fliegt mein Ball schon beim Probewurf über die Ziellinie. Auch beim Parcours unter Zeitdruck, bei dem Balance und Sprünge getestet werden, ist meine Sorge unbegründet. Bei Volleyball und Basketball muss im Team Einsatz und Technik gezeigt werden. Bis hier: Kein Problem. Anstrengend zwar, aber offenbar hat sich mein Körper von früher gemerkt, wie die Bewegungsabläufe funktionieren. „Turnen ist häufig das größte Problem“, sagt Sportprofessor Norbert Hagemann. Das ist erleichternd, denn anscheinend habe ich das Gröbste hinter mir.

Jetzt kommt das Springseil. Besser gesagt, eine ganze Springseil-Choreografie. Zwischen den Schlägen muss man federnde Zwischensprünge einbauen. Mal ohne, und dann wieder mit Zwischenschritten eine Strecke ablaufen. Schon die Choreografie kann ich mir kaum merken. Ich verheddere mich im Seil und muss lachen. Weniger Probleme haben meine Teamkollegen, die den Ablauf einstudiert haben. Diese Disziplin habe ich nicht bestanden.

Die größte Herausforderung kommt zum Abschluss: 2,5 Kilometer in 12 Minuten laufen – der sogenannte Cooper-Test. Unter praller Sonne im Auestadion schaffe ich fünfeinhalb von sechs Runden – dann ist die Zeit abgelaufen. Zwei der acht Tests habe ich also nicht bestanden, aber das ist noch im Rahmen. Ein Drittel aller Teilnehmer schneidet so ab. In unseren schlechten Disziplinen können wir in zwei Wochen zur Nachprüfung antreten und haben die Chance, noch zu bestehen. „Auch zur Nachprüfung zugelassen zu werden, ist eine gute Leistung“, sagt Hagemann. Drei Teilnehmer sind durchgefallen, sie haben drei oder mehr Übungen nicht geschafft. Zwei Stunden später kommt der Muskelkater, in der Redaktion bekomme ich Kekse und anerkennende Worte. Ich bin ein bisschen stolz, vielleicht habe ich doch das Zeug zum Sportstudenten.

Hintergrund: Eignungstest an der Uni Kassel

An der Uni Kassel gibt es 650 Sportstudenten, sie alle haben einmal den Eignungstest bestanden, der Voraussetzung ist, um an der Uni aufgenommen zu werden. Das Fach Sport kann man in Kassel für das Lehramt studieren, der Test findet einmal im Jahr statt. Das Institut für Sport empfiehlt den Teilnehmern, sich auf die Übungen vorzubereiten. Hintergrund für das Auswahlverfahren ist nach Angaben der Uni, dass man als Lehrer auch können muss, was man unterrichtet. Weil auch Schwimmen in der Schule unterrichtet wird, ist auch das DLRG-Abzeichen in Bronze Voraussetzung für den Test. Wer einen vergleichbaren Eignungstest an einer anderen Uni durchlaufen hat, kann in Kassel einen Antrag auf Anerkennung stellen.

Von Jürgen von Polier

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