Kinder besser verstehen: So geht die Sprache der Babys

Fritzlar. Bettina Sauer lehrt Babyzeichensprache: Sie soll Eltern helfen, ihre Kinder früher und besser zu verstehen.
Was will sie nur sagen? Diese Frage muss sich Bettina Sauer immer seltener stellen, wenn sie mit ihrer Tochter Lynn spricht. Obwohl: Sprechen ist das falsche Wort, sie verständigen sich. „Per Zeichensprache“, sagt die Mutter. Denn Lynn ist erst knapp elf Monate alt und kann mit ihrer Stimme noch keine Wörter bilden. Doch Bettina Sauer versteht die Sprache der Zwerge, sagt sie. Mehr noch, sie unterrichtet sie.
Solange die Kleinen noch keine Wörter über die Lippen bringen, kann der Austausch zwischen Eltern und Kleinkind über Handzeichen funktionieren, erklärt sie. 75 unterschiedliche Gesten lernen die Eltern in dem Kurs für Zwergensprache. Und zwar spielerisch, zum Beispiel mit Liedern.
Die Sprache der Zwerge bestehe aus einfachen Gebärden und Zeichen, mit denen die Kleinkinder Wünsche wie „Hunger“, „Trinken“ oder „Stopp“ äußern. Auch Fragen stellen und Gefühle ausdrücken sei möglich - „lange bevor sie sprechen lernen“, erklärt die 29-Jährige.
Es gehe darum, die Babyzeichen zu lernen, um den Nachwuchs besser zu verstehen. Manche der Zeichen, wie etwa die winkende Hand für „Tschüss“, kennt man. Andere wie etwa die für Vogel und Baum muss man erlernen. Für Bettina Sauer steht fest, dass die Babyzeichensprache so manchen Frust verhindern kann. „Eltern hören weniger Geschrei und Weinen.“
Denn ohne die Zeichen zu verstehen, sei man am Anfang nur das Mama-Radio und texte die Kinder zu. Durch die Babyzeichen komme man noch mehr in Kontakt und erfahre, was die Kinder wollen.
Wenn Lynn zum Beispiel Hunger hat und Milch möchte, zeigt sie das so: Daumen nach oben, Faust dreimal öffnen und schließen. Schon sei dann klar, „schnell füttern, sonst wird sie unruhig“.
Es gehe ihr nicht darum, die Kinder zu dressieren, betont sie. Und es gehe auch nicht um darum, den Leistungsgedanken zu fördern. Es sei einfach nur schön, schon so früh wie möglich sein Kind zu verstehen.
Kinder, denen man mehr Aufmerksamkeit schenke, entwickelten sich zudem besser, sagt sie. Dabei bezieht sie sich auf US-Psychologen, die in den 1980er Jahren - motiviert durch Erfolge mit der Gebärdensprache in Familien mit gehörlosen Mitgliedern - auch bei hörenden Babys und Eltern einfache Gebärden ausprobierten.
Beginnen könne man ab dem sechsten Monat, sagt sie. Klar falle man anfangs anderen Menschen auf, wenn man in der Öffentlichkeit mit seinem Baby per Zeichensprache kommuniziere, sagt sie. „Das sieht für andere Leute erstmal merkwürdig aus.“ Doch das sei nur eine kleine Hemmschwelle, die es zu überwinden gelte. „Der Rest ist babyleicht“, sagt sie.
Service
Bettina Sauer ist nach eigenen Angaben in Nordhessen die einzige Trainerin für Zwergensprache. Sie bietet Kurse für Eltern und Kinder in Fritzlar, Melsungen und Kassel an, die in der nächsten Woche beginnen. Kosten: neun Euro/Stunde (108 Euro/Kurs). Außerdem gibt es im Februar einen Workshop, in dem Eltern ohne Kinder die Zeichensprache lernen. Kosten: 37 Euro/Kurs. Weitere Infos: www.babyzeichensprache.com