Brand im Göttinger Kreishaus war ein Anschlag

Göttingen. Bei einem Brandanschlag im Göttinger Kreishaus ist am Freitagmorgen ein 25-jähriger Mitarbeiter der Ausländerbehörde verletzt worden. Die Tat habe offenbar einen politisch motivierten Hintergrund.
In der Nähe des Tatortes fanden die Ermittler ein Schreiben, in dem die Abschiebung von Flüchtlingen thematisiert und ein „Bleiberecht für alle“ gefordert wird.
Die unbekannten Täter hatten den Brandsatz vermutlich zwischen 8.30 und 9 Uhr in der Teeküche im zweiten Stock der Kreisverwaltung gelegt. Der 25-Jährige entdeckte das Feuer und holte schnell einen Feuerlöscher. Als er gerade wieder in den Raum betreten wollte, sei zu einer Verpuffung gekommen, sagte der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes, Volker Warnecke. Die Explosion war so stark, dass die Hängeschränke von den Wänden flogen. Der Mitarbeiter hatte Glück im Unglück: Die Druckwelle katapultierte ihn aus dem Türrahmen, in dem er gerade stand. Wäre er in dem Raum gewesen, hätte er schwerste Verletzungen erlitten, sagte Polizeichef Rath.
Der 25-Jährige wurde vorsorglich ins Göttinger Universitätsklinikum gebracht. Er wurde bereits am Nachmittag wieder entlassen. Außer einem Knalltrauma habe er offenbar keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen erlitten, sagte Landrat Reinhard Schermann. Der Sachschaden wird derzeit auf mindestens 10.000 Euro geschätzt.
Die Sicherheitsbehörden sind aufgrund des Brandanschlages aufs Höchste alarmiert. Der oder die Täter hätten mit einem hohen Maß an krimineller Energie gehandelt, sagte Polizeichef Rath. Da weitere Taten nicht auszuschließen seien, werde die Polizei jetzt besondere Schutzmaßnahmen für mögliche gefährdete Personen und Objekte ergreifen. „Wir nehmen die Geschichte sehr ernst.“ Man habe auch das Landes- und das Bundeskriminalamt in die Ermittlungen eingeschaltet.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie der Körperverletzung. Möglicherweise komme auch ein versuchtes Tötungsdelikt in Betracht, sagte der Sprecher der Strafverfolgungsbehörde, Hans-Hugo Heimgärtner. Dies hänge vom Ergebnis der kriminaltechnischen Gutachten ab.
Die Polizei setzte bei ihren Untersuchungen des Tatortes am Nachmittag auch Spürhunde ein. Eine konkrete Spur haben die Ermittler bislang nicht. Eines steht nach Angaben der Polizei aber fest: Der Brand ist vorsätzlich gelegt worden, ein Unfall auszuschließen.
In den vergangenen Tagen hatte es in Göttingen wiederholt Proteste gegen die Abschiebung von Angehörigen der Volksgruppe der Roma in den Kosovo gegeben. Nach Angaben des Arbeitskreises Asyl sollen über 60 Roma aus Göttingen abgeschoben werden. (pid)