Besetzer kaufen das Ex-Gewerkschaftshaus in Göttingen

Göttingen. Vor knapp einem Jahr besetzte eine Initiative ein leerstehendes früheres Gewerkschaftshaus an der Oberen Maschstraße 10 in Göttingen. Jetzt ist klar: Die Besetzer kaufen das Gebäude.
Die Aktion sorgte am 5. November vergangenen Jahres für Aufsehen: Die Initiative „Our House OM10“ hatte das Haus in einer spontanen Aktion besetzt – zeitweise drohte die Räumung. Das Haus gehört bislang noch der Vermögens und Treuhand-Gesellschaft (VTG) des Deutschen Gewerkschaftsbundes. In Kürze will die Initiative das Gebäude kaufen – bis zum Jahreswechsel soll alles über die Bühne gegangen sein.
Eckpunkte
Laut Sebastian Wertmüller, Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Süd-Ost-Niedersachsen, einigten sich VTG und die Besetzer nach fünf Verhandlungsrunden neben dem eigentlichen Kauf auf folgende Eckpunkte:
• Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Wertmüller betont aber, dass es sich nicht um einen symbolischen Euro, sondern um einen beträchtlichen Betrag handelt. Die Besetzer selbst sprechen von einem „politischen Preis“.
• Der Charakter des Hauses als Wohnprojekt für Geflüchtete und Wohnungslose sowie als soziales Projekt wird durch ein befristetes Veräußerungsverbot gesichert.
• Ein Kaufvertrag wird jetzt nach der grundsätzlichen Einigung über einen Notar ausgehandelt, so dass mit einem zügigen Abschluss zu rechnen ist.
Kompromiss
Laut Wertmüller, der seit Februar zwischen Eigentümer und Besetzern vermittelt hat, gingen beide Seiten „einen weiten Weg“:
• Seit der Besetzung stand die Gefahr einer Räumung im Raum, die beträchtlichen Unfrieden und längere Auseinandersetzungen nach Göttingen gebracht hätte.
• Die Eigentümerin VTG musste von ihrem ursprünglichen Plan – der Schaffung und Vermietung von kleinen Wohnungen – Abstand nehmen.
Erfolg für Besetzer
Aus Sicht der Besetzer ist die Einigung ein Erfolg. Das Projekt könne nun fortgeführt werden. Derzeit leben in dem Haus, das vor der Besetzung sechs Jahre leer stand, 15 Bewohner – zumeist Geflüchtete. Außerdem gibt es Veranstaltungen und weitere Aktionen. Jeden Dienstag und Freitag ist im OM10 von 15 bis 18 Uhr ein interkulturelles Café geöffnet.
Direktkredite
Um den Kauf des Gebäudes und anschließende umfangreiche Renovierungsarbeiten zu finanzieren, hofft die Initiative auf Spenden und Direktkredite. Viele Arbeiten sollen zudem möglichst in Eigenleistung über die Bühne gehen.
In diesem Jahr war das Projekt OM10 für den Panter-Preis der Zeitung taz nominiert. Damit werden Menschen und Initiativen gewürdigt, die sich für andere stark machen. Bei der Verleihung erhielt die Göttinger Gruppe einen Anerkennungspreis.
Mit einer großen Party soll Anfang November an die Besetzung vor einem Jahr erinnert und die Einigung mit den derzeitigen Besitzern gefeiert werden. Das genaue Programm wird derzeit noch erarbeitet.