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Späte Ehrung für jüdischen Fußballer Ludolf Katz

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Gedenktafel für Ludolf Katz: Dirk Mederer (links) und Heiner Willen enthüllten sie. Ganz links Bürgermeister Ulrich Holefleisch, rechts Kulturdezernentin Dagmar Schlapeit-Beck. Foto: Brüßler
Gedenktafel für Ludolf Katz: Dirk Mederer (links) und Heiner Willen enthüllten sie. Ganz links Bürgermeister Ulrich Holefleisch, rechts Kulturdezernentin Dagmar Schlapeit-Beck. Foto: Brüßler

Göttingen. Seit die Fans des 1. SC Göttingen an eine geschichtsträchtige Stelle Göttingens gezogen sind, arbeiten sie die Geschichte verfolgter jüdischer Fußballspieler auf.

Tosender Applaus brandet auf, als Dirk Mederer von der Supporters Crew 05 und Heiner Willen von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit eine Gedenktafel für den jüdischen Fußballer Ludolf Katz enthüllten. Viele Fans des 1.SC Göttingen 05 waren zum FanRaum in der Oberen Masch gekommen, um an der Stelle, an der einst die Synagoge stand, einen dunklen Teil der Vereinsgeschichte aufzuarbeiten.

Von 1905 bis 1934 war Ludolf Katz, dessen Eltern ein Manufaktur- und Konfektionsgeschäft in der Groner Straße hatten, Mitglied von Göttingen 05. 1934 wurde er auf Anordnung der NSDAP ebenso wie allen anderen jüdischen Mitglieder aus dem Verein geworfen. Bereits ein Jahr vorher war er bei einem Boykottmarsch der Nazi-Schlägertruppe SA zusammengeschlagen worden. Später konnte er in die USA auswandern.

Seit dem Umzug des Vereins an die geschichtsträchtige Stelle im Mai 2013 sind dort auch jüdische Fußballspieler ein Thema. Mederer: „Die Vereinsgeschichte gab wenig Aufschluss über jüdische Mitglieder. Ludolf Katz ist für uns der Anstoß, die vier weiteren ausfindig zu machen.“

Auf der Außenseite des Fanraums, gegenüber vom Synagogen-Mahnmal, wird nun stellvertretend durch Ludolf Katz aller jüdischen Sportler gedacht, die in Göttingen gewirkt und gelitten haben, betonte die Kultur- und Sozialdezernentin der Stadt, Dagmar Schlapeit-Beck: „Ich danke allen dafür, dass jetzt, 80 Jahre nach den Geschehnissen, noch Aufarbeitung in der Stadt stattfindet, Ereignisse und Biographien hervortreten, an die man so lange nicht erinnert hat – das ist eigentlich der zweite Skandal.“

Dietrich Schulze-Marmeling, einer der renommiertesten Fußball-Autoren Deutschlands, sprach über die Zerschlagung der einst liberalen Fußballkultur in Deutschlands in der NS-Zeit. Jüdische Sportler und Mäzene spielten eine wesentliche Rolle, waren an vielen Vereinsgründungen beteiligt, Förderer machten ihn erst zur Massensportart. Am Beispiel von Kurt Landauer, dem ehemaligen jüdischen Präsident des FC Bayern, verdeutlichte er, wie dieses Engagement ein 1933 ein abruptes Ende nahm und wie die Nazi-Zeit im Deutschen Fußball verschwiegen wurde.

Für Dirk Mederer und alle anderen bleibt noch viel Arbeit. Neben Ludolf Katz sind noch vier weitere Vereinsmitglieder namentlich bekannt, die aber noch schwieriger zu recherchieren sind: „Die Familien wussten selbst oft gar nicht, dass die Männer Vereinsmitglieder waren, weil nicht über diese Zeit geredet wurde, sie quasi aus dem kollektiven Gedächtnis der Familie gelöscht wurden.“

Am 17. März werden in der Groner Straße vier Stolpersteine zu Ehren der Familie Katz verlegt.

Von Lisa Brüßler

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