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Friedenspreis sorgt bis zuletzt für Streit: Auszeichnung geht an Verein "Jüdische Stimme"

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Von: Thomas Kopietz

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Göttinger Friedenspreis: Er wurde am Samstag verliehen. Vor der alten Feuerwache wurde demonstriert.
Göttinger Friedenspreis: Er wurde am Samstag verliehen. Vor der alten Feuerwache wurde demonstriert. © Alciro da Silva

Nach erheblichen Diskussionen im In- und Ausland und dem Rückzug von Universität und Stadt aus der Zeremonie ist am Samstag der Göttinger Friedenspreis 2019 vergeben worden.

Er geht an den Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“. In der Galerie Alte Feuerwache, deren Betreiber waren nach dem Rückzug der Universität und deren Aula als Veranstaltungsort eingesprungen, nahm die Vorsitzenden der „Jüdischen Stimme“, Iris Hefets, den Preis entgegen. Die Laudation hielt Nirit Sommerfeld. 

Die Jury um den Journalisten und Präsidenten Andreas Zumach, der ebenfalls schon einmal Preisträger war, hatte an der Vergabe an die „Jüdische Stimme“ festgehalten, obwohl dem Verein antisemitische Strömungen nachgesagt wurden, auch vom Zentralrat der Juden in Deutschland und von dem Antisemitismus-Beauftragten der Bundesregierung, Felix Klein. Sie hatten eine Absage der Verleihung gefordert, Göttingens Uni-Präsidentin Ulrike Beisiegel und Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler eine Verschiebung. 

Sie alle begründeten das mit einer Nähe des Vereins zur Boykott-Kampagne BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen) gegen Israel. Diese Bewegung ruft wegen der Besetzung Palästinas immer wieder zu Boykottaktionen gegen Israel auf. Uni, Oberbürgermeister und Sparkasse Göttingen als Förderer wollten die Vorwürfe geklärt wissen, sagten dann eine Unterstützung der Verleihung ab. 

Der Friedenspreis geht an den Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“.
Der Friedenspreis geht an den Verein „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“. © Alciro da Silva

Die Stiftung Dr. Roland Röhl, die den Friedenspreis seit 1999 vergibt, hielt aber an der Auszeichnung der „Jüdischen Stimme“ fest und bekam für diese Entscheidung bundesweit und international Unterstützung, so auch vom Vorjahrespreisträger, dem bekannten Sänger und Friedensaktivisten Konstantin Wecker. Viele Menschen schickten wie Wecker Briefe, teils öffentlich, an die Universität und die Stadt Göttingen. Insgesamt gingen Spendengelder von 30 000 Euro bei der Stiftung ein. 

Mit Demonstration ein Zeichen setzen 

Bereits vor der Preisverleihung am Samstag hatte das Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus – Jachad – zu einer Demonstration vor der Alten Feuerwache aufgerufen. Man wolle ein damit ein Zeichen setzen gegen den Hass auf Israel, sagt der Sprecher Marco Peters. „Die Uni hat dieser Veranstaltung ihre Räumlichkeiten völlig zu Recht verwehrt. Wir wollen nicht einfach still hinnehmen, dass einer BDS-Organisation ein Preis für Frieden verliehen wird, wenn diese tatsächlich nur an der Dämonisierung Israels arbeitet.“ 

Der Göttinger Friedenspreis 2019 wurde am Samstag verliehen.
Der Göttinger Friedenspreis 2019 wurde am Samstag verliehen. © Alciro da Silva

Alte-Feuerwache-Galerie-Betreiber Jörg Dreykluft sah sich in den Vortagen vereinzelt Kritik ausgesetzt: Er sprach davon, dass Druck auf die Galerie-Inhaber gemacht wurde. In einem Schreiben sei gefordert worden, die Preisverleihung nicht auszurichten und die Galerie rein zu halten.

Von Reimar Paul und Thomas Kopietz 

Lesen Sie auch: Konstantin Weckers Appell für den Göttinger Friedenspreis

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