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Grünbrücke als rotes Tuch

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Es wird eng: Für die Arbeiten an der Brücke ist eine Spur der Bundesstraße 27 gesperrt worden. Bis Sommer 2012 soll die Baustelle bleiben. © Tenbrink/nh

Waake. Wildkatzen und andere Tiere in freier Wildbahn sollen mit ihrer Hilfe sicher über die Fahrbahn gelangen: An der Bundesstraße 27 bei Waake im Kreis Göttingen haben die Vorbereitungen für den Bau einer Grünbrücke begonnen.

Ob sie ihren Zweck erfüllen kann, ist umstritten: „Dort, wo jetzt die Grünbrücke gebaut wird, hat es in den letzten zehn Jahren keine Wildkatze mehr gegeben“, behauptet Dr. Oliver Trisl, Vorsitzender der Bürgerinitiative „Keine Ortsumgehung Waake“.

Im Göttinger Wald seien zwar einige europäische Wildkatzen beheimatet, diese seien aber ein ganzes Stück weiter östlich, zwischen Waake und Ebergötzen, zu finden. „Hier wäre der richtige Platz für eine solche Maßnahme“, sagt Trisl, der die Überquerungshilfen für Tiere grundsätzlich befürwortet. „Aber am Södderich ergibt die Grünbrücke keinen Sinn und bedeutet schlichtweg rausgeschmissenes Geld.“ Dass die bepflanzte Überführung dennoch dort gebaut wird, hat nach Aussage des Forstwissenschaftlers politische Gründe: „Die Grünbrücke erfüllt in einem größeren Zusammenhang eine reine Alibifunktion.“

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Oliver Trisl © Tenbrink/nh

Zusammen mit zwei Naturschutzverbänden hatte die Bürgerinitiative vor einiger Zeit versucht, den Bau der Ortsumgehung Waake zu verhindern. Ein zentrales Argument, auf das sich ihre Klage vor dem niedersächsischen Oberverwaltungsgericht stützte, war das Vorkommen der Wildkatzen. Man unterlag in dem Verfahren und auch der Versuch, eine Revision anzustrengen, scheiterte vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Das habe laut Trisl auch an einem Zugeständnis der Straßenbauverwaltung gelegen: Die Behörde versprach, für die bedrohten Tiere eine Grünbrücke zu errichten. Allerdings habe man das abgeschlossene Planfeststellungsverfahren für die Ortsumgehung durch dieses neue Projekt natürlich nicht gefährden wollen. „Darum entsteht die Brücke nun dort, wo sie zwar keiner einzigen Wildkatze etwas nutzt, aber dem Bauvorhaben der Ortsumgehung auch nicht schadet.“

Die mit der Planung beauftragte Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Hannover widerspricht dieser Darstellung: „Die Planung erfolgte in Absprache mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, dem Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz und der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Göttingen“, sagt Harro Herzberg. Die Wildkatzen seien sowohl westlich als auch östlich von Waake zu finden. „Die Entscheidung für den Bau am Södderich fiel aufgrund der besseren landschaftlichen Bedingungen.“

Von Karsten Tenbrink

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