1. Startseite
  2. Lokales
  3. Göttingen

Streit am Nonnenstieg - Anwohner verlangen neue Planung

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Diese Planung erregt die Gemüter: Die Anwohner fordern eine völlig neue Planung. Ihr Urteil über den derzeitigen Vorschlag: „In unsere Nachbarschaft passt so etwas nicht.“ Repro: Kopietz
Diese Planung erregt die Gemüter: Die Anwohner fordern eine völlig neue Planung. Ihr Urteil über den derzeitigen Vorschlag: „In unsere Nachbarschaft passt so etwas nicht.“ © Repro: Kopietz

Göttingen. Die Emotionen kochen hoch im Ostviertel. Einige Anwohner wehren sich gegen die Planungen für ein Wohnungsbauprojekt auf dem ehemaligen Gelände des Instituts für den Wissenschaftlichen Film (IWF) und fordern eine komplette Neukonzeption.

Am Donnerstag während der Sitzung des Bauausschusses im Rathaus wurde der Konflikt erneut deutlich. Nicht alle Interessierten fanden in dem Saal Platz, einige mussten draußen bleiben.

Oberbürgermeister Wolfgang Meyer (SPD) kann den Unmut zum Teil verstehen, denn man stehe mit den Planungen für die Anlage mit 170 Wohnungen noch ganz am Anfang. Der Göttinger Stadtrat habe in diesem Fall das Sagen, betonte Meyer. Er könne sagen, wie viele Geschosse am Nonnenstieg zulässig seien. Klar sei, dass der Entwurf der Investoren – Ergebnis des Architektenwettbewerbs – unter „zu hoher Bebauung“ leidet. Aber: Der Rat sei nicht an das Ergebnis des Wettbewerbs gebunden.

Ratsmitglied Ulrich Holefleisch (Bündnis 90/Die Grünen) ist der Meinung, dass der Kaufpreis für das IWF-Gelände nicht so hoch sei, als dass man nicht etwas „Zarteres und Kleineres“ schaffen könnte, als es das Architekturbüro Dietrich/Untertrifaller (Wien) und der Bauherr EBR Projektentwicklung GmbH vorhätten. Holefleisch fragt er sich auch, warum „nur reiche Leute zukünftig dort wohnen sollen“?

Stadtbaurat Thomas Dienberg stellte klar, dass das Wettbewerbsergebnis nicht das sei, was umzusetzen sei. Fritz Güntzler (CDU) kritisierte, dass von der Politik nicht der Rahmen für Planungen vorgegeben worden sei. Er forderte, dass sich die Plan sich an den Interessen der Bürger orientiert.

Borzou Rafie Elizei von der EBR Entwicklungs GmbH betonte, dass er ein „transparentes Verfahren“ sowie einen offenen Dialog angeboten habe. Mit dem Projekt am Nonnenstieg wolle meinen keinen „Coup“ machen. Allerdings seien die Preise für die künftigen Wohnungen „ostviertelmäßig“. Das liege an der Lage.

Architekt Much Untertrifaller, der mit seinem Entwurf den Wettbewerb gewonnen hatte, berichtete in der Sitzung, dass rund um die Gebäude eine parkähnliche Landschaft entstehen werde. Außerdem wolle man viele wertvolle Baumgruppen erhalten.

Die Anwohner und Mitglieder der Bürgerinitiative Pro Nonnenstieg untermauerten ihre Forderung nach einer Neuplanung: „In unsere Nachbarschaft passt so etwas nicht.“

Eine Entscheidung wird nun im Rat fallen. Das Projekt steht in der kommenden Woche aber noch nicht auf der Tagesordnung. Der Streit um die Wohnungen auf dem Filetstück in einem attraktiven Stadtviertel wird also weitergehen.

Von Bernd Schlegel und Thomas Kopietz

Kommentar: Gegner landen Wirkungstreffer

Protest kann Wirkung zeigen: Der Widerstand von Anwohnern im Ostviertel gegen das Wohnungsbauprojekt „Lebensquartier Nonnenstieg“ beweist, dass sich das Kämpfen für oder gegen ein Projekt lohnen kann. Mittlerweile steht das in einem Wettbewerb ausgewählte Konzept eines Wiener Architekturbüro auf der Kippe. Forderten zunächst nur die Gegner eine Neuplanung, schließen sich nun – mehr oder weniger zögerlich – die Politiker im Stadtrat der Forderung an.

Auch Oberbürgermeister Wolfgang Meyer verweist auf die Entscheidungshoheit des politischen Gremiums. Mittlerweile wird eingestanden, dass die geplante Bebauung zu dicht und hoch ausfallen könnte – eine Korrektur ist nicht mehr unwahrscheinlich. Doch den Gegnern des Projekts ist anzuraten, nicht in die Totalverweigerung zu gehen, denn Göttingen braucht Wohnungen und der Ist-Zustand am IWF-Gelände ist zudem wenig ansehnlich, schreit förmlich nach Veränderung. Die politischen Entscheidungsträger und Bauherren schließlich sollten das beherzigen, was sie bei der Projektvorstellung angekündigt hatten: Ein offenes Verfahren und einen Dialog zu ermöglichen – und gegebenenfalls eine Korrektur einzuleiten.

Nicht zu vergessen ist, dass in der Jury, die über die vier Entwürfe entschieden hatte, prominente Preisrichter saßen: Wolfgang Meyer ebenso wie die FDP-Ortsverbandvorsitzende Felicitas Oldenburg und der Bauausschussvorsitzende Christian Henze (SPD). Sie sollten, ja müssen ein Interesse an einer bürgerfreundlichen Lösung haben.

Von Thomas Kopietz

Auch interessant

Kommentare