Thorsten Schäfer-Gümbel in Ahnatal: Kandidat am Küchentisch

Ahnatal. Es war eine Premiere, die 200 Besucher im Weimarer Bürgersaal am Mittwochabend erlebten. „Tischgespräch, ein Abend mit Thorsten Schäfer-Gümbel“ heißt eine neue Veranstaltungsreihe der Sozialdemokraten in Hessen.
Bei diesen Veranstaltungen will die hessische SPD ihren Spitzenkandidaten zur Landtagswahl am 22. September den Menschen im Land nahebringen.
Einen Tisch gab es im Bürgersaal in einer Art Theaterzimmer mit zwei Wänden, an denen Symbolbilder hingen: Ein Triptychon der Skyline Frankfurts stand für das finanzstarke Hessen, ein Bild des Mars für die Orientierung in die Zukunft und eine Aufnahme der Skyline Schanghais für den Asienfan Thorsten Schäfer-Gümbel.
Das Gespräch führte Sat1-Moderatorin Gaby Papenburg mit dem Spitzenkandidaten. Und lieferte die Stichworte zu all dem, was die Menschen über das „Markenzeichen TSG“, den Vorsitzenden von Partei und Landtagsfraktion, erfahren sollten.
Ja, der Küchentisch habe für ihn eine besondere Bedeutung, klärte der 43-Jährige auf. An dem habe er als Kind und Jugendlicher reden und argumentieren gelernt. Damals, in der Drei-Zimmer-Mietwohnung des sozialen Wohnungsbaus in Gießen mit Großvater, Eltern und Geschwistern. Die Familie war politisch, hatte von der Grundeinstellung in der Sozialdemokratie ihre Heimat, ohne dass jemand der Partei angehörte.

Als Ältester habe er früh Verantwortung auch gegenüber den Geschwistern übernehmen müssen, durfte als Einziger aus finanziellen Gründen dank Fürsprache seines Realschullehrers Abitur machen und später studieren.
Als 16-Jähriger wollte er der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft beitreten, was die Statuten aber nicht zuließen, wie ihm erklärt wurde. Also ging er zur SPD und wurde aufgenommen.
Sein Doppelname sei ein Akt der Selbstbehauptung gegenüber seiner Frau, die ihren nicht aufgeben wollte, sagte Thorsten Schäfer-Gümbel. Seine Kinder halte er bewusst aus der Öffentlichkeit heraus, diskutiert wird zu Hause aber wie damals in seiner Kindheit. Bis zu einem gewissen Punkt bei Kindern im Alter von fünf, zehn und 14 Jahren.

In Partei und Fraktion scheint er es ähnlich zu halten, nennt es offene Debattenkultur auf der einen und Führungsverantwortung übernehmen auf der anderen Seite. Der Vorsitzende betont das gute Miteinander innerhalb der Hessen-SPD nach dem „traumatischen Erlebnis“ um seine Vorgängerin Andrea Ypsilanti, der Genossen 2008 die Gefolgschaft verweigerten. Aus den Fehlern habe man gelernt.
Jetzt gehe es um ein gutes Ergebnis für die SPD bei der Landtagswahl. Mit Tarek Al-Wazir von den Grünen verstehe er sich gut, man sortiere ein „paar Sachen vor, das sind aber keine Koalitionsverhandlungen“, sagt Thorsten Schäfer-Gümbel.
Unterstützung von Fraktionskollegen
In der Reihe Tischgespräche mit Thorsten Schäfer-Gümbel plant die Hessen-SPD bis zum 5. Juli insgeamt zwölf Stationen,im Norden unter anderem in Bad Hersfeld und im Kreis Waldeck. Sie werden moderiert von Gaby Papenburg (Sat 1) oder Sabine Markgraf (ntv). Vor der Veransaltung in Weimar besuchte Schäfer-Gümbel das Klinikum Kassel und das Mehrgenerationenhaus in Lohfelden.
In Weimar bekam der SPD-Chef Unterstützung von den Landtagsabgeordneten seiner Partei Uwe Frankenberger und Wolfgang Decker (Kassel Stadt) sowie Timon Gremmels (Niestetal) und Brigitte Hofmeyer (Hofgeismar/ beide Kassel-Land), die unter anderem für mehr Windkraft, den Flughafen Kassel-Calden sowie die Abschaffung von G 8 eintraten. (mic)
Zur Person
Thorsten Schäfer-Gümbel wurde am 1. Oktober 1969 in Oberstdorf geboren, wuchs ab dem fünften Lebensjahr in Gießen auf. Nach dem Abitur studierte er Agrar-, dann Politikwissenschaften. Er ist seit 1986 SPD-Mitglied, gehört seit 2003 dem Landtag an.
Als Spitzenkandidat seiner Partei wurde er Ende 2008 von Andrea Ypsilanti vorgeschlagen, die nach der Landtagswahl in jenem Jahr entgegen anderslautender Versprechen ein Bündnis mit der Linkspartei eingehen wollte, um sich zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen, was zu interen Querelen und zu Neuwahlen 2009 führte mit deutlichen Verlusten bei der SPD. (mic)
Von Michael Schräer