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Ex-Leiharbeiterin fühlt sich im Amazon-Film falsch dargestellt

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Silvina Cerrada
Silvina Cerrada ärgert sich über den Amazon-Film. Sie sei in vielen Szenen falsch dargestellt worden, sagt die 47-Jährige, die schon seit Ende vergangenen Jahres im Seepark arbeitet. © Maaz

Kirchheim. Silvina Cerrada war eigentlich „nur“ eine von fast 400 Amazon-Leiharbeitern, die in der Weihnachtssaison im Seepark in Kirchheim untergebracht waren. Jetzt kennt fast ganz Deutschland die Spanierin, denn sie hat die „Hauptrolle“ im Film-Bericht „Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon“.

Glücklich ist sie damit nicht. Sie fühlt sich in der Reportage falsch dargestellt und bezeichnet die Kritik an der Unterbringung im Seepark als falsch. In der Ferienanlage fand die 47-Jährige auch einen neuen Job - als Servicekraft. Umso ärgerlicher und peinlicher sei der falsche Eindruck nun.

An dem Vorwurf, mit falschen Versprechungen zu Amazon gelockt worden zu sein, hält sie allerdings fest. Dabei kommen auch die Zeitarbeitsfirma Trenkwalder und CoCo Job Touristik schlecht weg.

In der Heimat arbeitslos

Silvina Cerrada hat Kunst studiert und als Lehrerin gearbeitet. Doch in ihrer Heimat war sie zuletzt arbeitslos. Über die spanische Arbeitsagentur habe sie von der Möglichkeit erfahren, in Deutschland bei Amazon zu arbeiten. „Ich dachte, das ist eine gute Möglichkeit“, erzählt die 47-Jährige. Der Job, eine Unterkunft und rund 1500 Euro minus Steuern seien ihr in Aussicht gestellt worden. Erst einen Tag vor der Abreise habe sie erfahren, dass sie nicht direkt bei Amazon, sondern bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt werden sollte, für nicht mehr als 1000 Euro. Auf einen Teil des Lohns warte sie noch heute.

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Im Oktober 2012 stieg Cerrada in den Bus Richtung Deutschland. Den Vertrag, der ihr dort in deutscher Sprache vorgelegt wurde, verstand sie nicht vollständig. Die Ansprechpartner von Trenkwalder und Coco seien nur selten vor Ort gewesen und hätten bei Fragen oder Problemen vielfach gar nicht oder erst spät reagiert.

Auf sie aufmerksam geworden seien die Autoren des Films wohl über Ver.di, zudem habe sie im Gegensatz zu anderen Leiharbeitern aus Spanien, Schweden und Polen gut Deutsch gesprochen und sei Probleme offen angegangen. Was die Journalisten dann zum Teil aus ihren Aussagen gemacht hätten, damit ist Cerrada aber gar nicht einverstanden.

Als konkretes Beispiel nennt sie eine Szene, in der sie auf dem Sofa ihres Ferienhauses gezeigt wurde. Im Film wird suggeriert, Cerrada habe dort aus Platzgründen schlafen müssen. „Dabei habe ich nur die Aussicht in die Natur genossen“, sagt Cerrada. Auch dass eine Frau von Security-Mitarbeitern beim Duschen überrascht worden sei, stimme so nicht. Ebensowenig wie die Kritik am Essen im Seepark. „Wir haben immer sehr gut gegessen und uns wohl gefühlt“, so die Spanierin.

Bedrohliche Security

Bestätigen kann sie, dass es in der Ferienanlage zu Sachbeschädigungen und Pöbeleien gekommen sei. Das extern engagierte, düster gekleidete und großgewachsene Sicherheitspersonal sei allerdings auch sehr bedrohlich und aggressiv aufgetreten. „Da konnte man schon Angst kriegen.“

Mit ihrer Arbeit im Seepark ist die Mutter von drei Kindern nun glücklich. Ihrer Familie in der Heimat schickt sie regelmäßig Geld. Die Stelle als Servicekraft hat die 47-Jährige übrigens auch der schlechten Erfahrung als Leiharbeiterin zu verdanken - weil das Geld nicht reichte, bat sie im Seepark schon kurz nach ihrer Ankunft in Kirchheim um einen Job. (nm)

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