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Nentershäuser Physiker Friedrich Keller kritisiert Ausbau der Windenergie

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Von: Gudrun Schankweiler-Ziermann

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© Privat

Nentershausen. Der Physiker Friedrich Keller sorgt sich nun nicht nur um die herrliche, unverwechselbare Landschaft Nordhessens. Er kritisiert die Energiewende in Deutschland insgesamt als planlos und hält sie für eine energiewirtschaftliche Pfuscherei. Wir sprachen mit dem Neu-Nentershäuser Friedrich Keller.

Herr Keller, Sie sind von den Niederlanden nach Waldhessen gezogen. Warum ist ihre Wahl auf Nentershausen gefallen? 

Wir haben uns 1994 nach einem Bauplatz in einem Umkreis von 300 Kilometern um unseren Wohnort Hengelo (Overijssel) umgesehen. Hauptsächlich in den bewaldeten Mittelgebirgsgegenden von Nord- und Mittelhessen, die wir sehr lieben. Wir sind 1994 viel herumgefahren, aber wir fanden keine wirklich attraktiven Grundstücke. Durch Zufall erfuhren wir dann vom Neubaugebiet Ziegelfeld II in Nentershausen. Das hat uns sofort gefallen.

Jetzt wohnen Sie hier und hätten die Windenergie künftig lieber nicht vor Ihrer Nase? 

Direkt vor der Nase werden wir sie wahrscheinlich nicht haben. Doch hätten wir 1994 von der heutigen Windkraft-Planung gewusst, hätten wir mit Sicherheit kein Grundstück gekauft, weder in Nentershausen noch sonst wo in Nord- oder Mittelhessen. Windräder zerstören den einmaligen Reiz dieser Landschaften.

Die Landbesitzer hoffen auf Pachterträge, die Gemeinden auf Gewerbesteuer, die Investoren auf Rendite, die Naturschützer möchten die Vögel schützen. Was ist Ihr Interesse? 

Ich möchte gerne dazu beitragen, die Energiewende vom Kopf auf die Füße zu stellen. Es gibt keinen vernünftigen Grund die Energiewende derart überstürzt und planlos in Gang zu setzen.

Sie kritisieren besonders den Ausbau von Sonnen- und Windenergie. Warum? 

Fotovoltaik- und Windkraftanlagen können keine bedarfsgerechte Stromversorgung gewährleisten. Bedarfsgerecht ist eine Stromversorgung nur dann, wenn sie in jedem Augenblick soviel Strom liefert, wie verbraucht wird - nicht mehr und nicht weniger. Fotovoltaikanlagen und Windkraftanlagen an Land und auf See sind dazu grundsätzlich nicht in der Lage. Sie haben nur eine technische Daseinsberechtigung zusammen mit einem sogenannten Schattenkraftwerkpark aus klassischen Kraftwerken oder zusammen mit Groß-Speichern.

Reiz der Landschaft: Hier ein Blick über Weißenhasel, Ortsteil von Nentershausen. Im Hintergrund in der Bildmitte sind die Windkraftanlagen von Berneburg zu sehen, die aber gegen die künftig 200 Meter hohen Anlagen klein sind. Archivfoto:  Schankweiler-Ziermann Was sagen Sie zur Möglichkeit der Energiespeicherung? 

Reiz der Landschaft: Hier ein Blick über Weißenhasel, Ortsteil von Nentershausen. Im Hintergrund in der Bildmitte sind die Windkraftanlagen von Berneburg zu sehen, die aber gegen die künftig 200 Meter hohen Anlagen klein sind. Archivfoto:  Schankweiler-Ziermann
Reiz der Landschaft: Hier ein Blick über Weißenhasel, Ortsteil von Nentershausen. Im Hintergrund in der Bildmitte sind die Windkraftanlagen von Berneburg zu sehen, die aber gegen die künftig 200 Meter hohen Anlagen klein sind. Archivfoto:  Schankweiler-Ziermann © Privat

Beschränken wir uns auf die Langzeitspeicherung, das heißt das Überbrücken von mehreren sonnen- und windschwachen Wochen. Will man den Schattenkraftwerkpark vermeiden, müssen vor einem weiteren Zubau von Fotovoltaik und Windkraft Speichermöglichkeiten erst noch geschaffen werden. Alle Konzepte für Groß-Speicher sind entweder noch nicht ausgereift, nicht effektiv oder viel zu teuer.

Deutschland steht doch auch in der Verantwortung Treibhausgase zu vermeiden. 

Die Weltklimakonferenz in Warschau hat gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für das Zustandekommen einer breiten, weltweiten Klimaschutzkoalition sehr klein ist. Die deutschen CO2-Vermeidungsmaßnahmen kosten die Stromkunden viel Geld, wirken sich auf das Weltklima aber praktisch nicht aus. Selbst die Wirkung einer EU-Energiewende wäre nur gering. Deutschland sollte sich deshalb von seiner vernunftwidrigen Vorreiterrolle verabschieden.

Wie ist Ihre Prognose zur Energiewende?

Die Deutsche Energiewende ist chaotisch, dilettantisch, ideologisiert und profitgetrieben. Ich fürchte sie wird so lange weitergehen, bis die Wirtschaft sichtbar Schaden genommen hat, oder die Privathaushalte die jährlichen Strompreiserhöhungen nicht mehr hinnehmen.

Was müsste Ihrer Ansicht nach getan werden? 

Der planlose Ausbau der erneuerbaren Energien muss beendet werden. Kein privater Bauherr würde auf diese Art und Weise sein Haus bauen wollen. Für Neuanlagen ist das Einspeiseprivileg zu streichen und das EEG muss so umgestaltet werden, dass Einspeisungen erst dann vergütet werden, wenn sie grundlastfähig sind. Der Forschung zur Energieeffizienz, Speicherung und Energieerzeugung, einschließlich der Kernfusion, muss viel mehr Geld zur Verfügung gestellt werden. Falls kein internationales Handeln im Klimaschutz erreicht werden kann, muss auf eine Anpassungsstrategie umgestellt werden, also Küsten- und Hochwasserschutz, Anpassung von Land- und Forstwirtschaft und anderes mehr.

Der Physiker Friedrich Keller hat viele Fakten zur Energiewende zusammengetragen, die für Laien nur bedingt verständlich sind. Wer sich mit den Informationen, Tabellen und Grafiken zu Leistungsganglinien, dem Thema kommunale Selbstversorgung, Energiespeicherung und den Zielen der Energiewende näher befassen möchte, findet sein Memorandum über „Windenergie- und Fotovoltaik-Anlagen als Träger der deutschen Energiewende“ unter

www.vernunftkraft.de

Von Gudrun Schankweiler-Ziermann

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