Neuer Anfang mit altem Glauben: HNA-Geschichtsbuch zum Hugenottensonntag

Schwalmstadt. Am Sonntag (30.8.) feiert die Kirchengemeinde in Frankenhain den Hugenottensonntag mit einem Kirchspielgottesdienst um 14.30 Uhr auf dem Hugenottenplatz.
In Erinnerung an die Unterdrückung, Verfolgung und Flucht der Protestanten aus Frankreich im 17. Jahrhundert findet der Gottesdienst im Freien statt.
Das Edikt von Fontainebleau des französischen Königs Ludwig XIV. im Jahr 1685

verbot den protestantischen Glauben, was zu einer großen Fluchtwelle in die umliegenden Länder führte. Wer jedoch nicht fliehen konnte oder wollte - die Flucht war ausdrücklich verboten und wurde mit Zwangsarbeit bestraft -, trat zum katholischen Glauben über. Viele taten dies jedoch nur zum Schein und lebten ihren evangelischen Glauben im Geheimen weiter. Diese Protestanten, auch Hugenotten genannt, trafen sich im Wald oder in Höhlen, um dort ihre Gottesdienste abzuhalten. Aufklappbare Weinfässer dienten als Altar und Kanzel, Frauen schmuggelten Bibeltexte in französischer Sprache in ihren Frisuren, es gab Abendmahlskelche, die in mehrere Teile zerlegbar waren und so leichter von verschiedenen Personen zum Ort des Gottesdienstes geschmuggelt werden konnten. Immer in der Gefahr, verraten zu werden, nahmen die Gläubigen das Risiko auf sich, ihren Glauben zu leben.
Aus vielen Bibeln rissen die Hugenotten die erste Seite mit dem Wort Bible (deutsch: Bibel) heraus, denn die französischen Soldaten waren in der Regel Analphabeten. Sie konnten lediglich das Wort Bible erkennen. Ohne das verräterische Wort blieben die kostbaren Bücher bei den immer wieder stattfindenden Hausdurchsuchungen oft unerkannt.
In dem südfranzösischen Ort Poet-Laval steht eine von nur noch zwei erhaltenen evangelischen Kirchen Frankreichs, die bereits vor dem Edikt von Fontainebleau als protestantischer Gebetsraum dienten, alle anderen wurden zerstört.
Die Kirche in Poet-Laval ist zu einem Museum der Geschichte des Protestantismus in Frankreich ausgebaut und zeigt Bibeln, die in Misthaufen gefunden wurden, zerlegbare Abendmahlskelche und Namenslisten der ausgewanderten Hugenotten. Neben der Kanzel hängt eine Sanduhr, um dem Pfarrer die verstreichende Zeit anzuzeigen und ihn zur Ordnung zu mahnen, wenn die Predigten zu lang gerieten.
In historischen Kostümen
Der Gottesdienst am Sonntag endet mit einem Kaffeetrinken, zu dem stilecht französisches Gebäck gereicht werden wird. Einige Vereinsmitglieder werden historische Kostüme tragen.
„Wir freuen uns auf viele Besucher und informieren in kleineren Gesprächsgruppen über die Geschichte der Hugenotten und unseres Ortes Frankenhain“, sagte Reinhart Darmstadt.
Von Christiane Decker