Film-Uraufführung von „Wenn ein Garten wächst“ im Witzenhäuser Capitol Kino

Witzenhausen. Der Film "Wenn ein Garten wächst" hat in Witzenhausen seine Uraufführung gefeiert. Da der Film bedingt durch die Teilnahme an diversen Festivals vorläufig nur einmal zu sehen ist, waren früh alle Plätze belegt. Und das Publikum wurde nicht enttäuscht.
Es ist ein grauer Tag in Kassel. Nur wenige Menschen sind auf der Straße unterwegs, warten auf die Straßenbahn. An einem Treppenaufgang prangt ein schwarzer „KSV“-Schriftzug, von einem Sprayer gesprüht. Dahinter liegt der Huttenplatz, eine kahle Fläche mit einigen wenigen Birken. Dass daraus ein bunter, lebendiger Lebensraum werden kann, zeigte Regisseurin Ines Reinisch am Freitag im Witzenhäuser Capitol Kino. Vollkommen zurecht gab es nach 80 Dokumentarfilm-Minuten „Wenn ein Garten wächst“ stehende Ovationen.
In kürzester Zeit gelingt es Reinisch, dem Kinozuschauer die Protagonisten der Dokumentation samt ihrer unterschiedlichen Charaktere näher zu bringen. Und diese kommen gut an. In einer anfänglichen Diskussion über das Projekt der documenta 13, den Huttenplatz zum Gemeinschaftsgarten zu machen, äußern die Anwohner Bedenken über randalierende Jugendliche. „Wir sollten vielleicht Kurzunterricht in gewaltfreier Kommunikation nehmen“, sagt eine der Protagonistinnen. Eine weitere Szene: Ein etwas unbeholfener Lastwagen-Fahrer und Nachbarin Edith, die mit einem Besenstiel versuchen, geschätzt eine Tonne Mutterboden vom Laster abzuladen. Diese Momente wirken aber keinesfalls gestellt, sondern vielmehr authentisch, so mancher Zuschauer scheint sich in einem der Charaktere wiederzuerkennen. Mitten im Grün erklären die Kasseler, weshalb sie verschiedenes auf den Huttenplatz pflanzen. „Ich habe das mal gelesen“, sagen sie und erinnern daran, dass viele von uns im Garten aus dem Bauch heraus und dem „Wissen“ aus diversen Zeitungen vorgehen.
Reinischs nach drei Jahren fertiggestellter Dokumentarfilm zeugt von einer guten Beobachtungsgabe samt Händchen für besondere Momente. Der Zuschauer fühlt sich mal als Beobachter, der zwischen den Bäumen hindurch eine Yoga-Gruppe im grünen Idyll betrachtet, im nächsten Moment steht er inmitten der Menschen, die sich um die Zukunft ihres Gartens sorgen, weil es in der Ortsbeiratssitzung negative Stimmen zur Fortsetzung des documenta-Projekts gab.
Um diese Sorge zu erklären, nimmt Reinisch den Zuschauer mit und zeigt überzeugend, wie aus Fremden eine Gemeinschaft und Freunde werden, die sich inmitten des Verkehrslärms einen Ruhepol schafften. So fiebert das Publikum im Saal mit und erlebt, wie sich die Hobbygärtner am Ende erfolgreich für das Fortleben ihres Gartens einsetzten. Unterstützt werden die Bilder vom Kammerorchester der Uni Kassel, das die Filmmusik beisteuerte.
„Wenn ein Garten wächst“ wird jetzt diversen Festivals angeboten und ist deshalb nicht regulär im Kino zu sehen.
Von Konstantin Mennecke