Gemeinschaft erleben

Witzenhausen. Gemeinschaftsgärten, in denen Obst und Gemüse angebaut wird, Community-Buildings, also Häuser, in denen Generationen miteinander leben, und nicht nur die Schule, sondern das gemeinsame Leben als Lernort begreifen – das sind nur einige der Ziele von Transition Town (Stadt im Wandel), einer weltweiten Bewegung, die sich „Degrowth“, also die Abkehr von einer auf Wirtschaftswachstum basierenden Gesellschaft, auf die Fahnen geschrieben hat.
Seit 2009 besteht Transition Town Witzenhausen, mittlerweile ein eingetragener Verein, der formell zwar nur 14 Mitglieder im Alter von 16 bis 73 Jahren, darüber hinaus aber auch viele Mitstreiter hat.
Bei Transition Town (TT) Witzenhausen stand das Wochenende ganz im Zeichen der Vorbereitung eines internationalen EU-Projektes, das unter dem Titel „Learning More, GROWing Less“ (GROWL) – zu Deutsch: Mehr Lernen, weniger Wachstum – auf eine Wachstumswende hinarbeitet. Über einen Zeitraum von zwei Jahren fördert die Europäische Union mit 200 000 Euro dieses Lern- und Forschungsprojekt, an dem neben Witzenhausen Partnerorganisationen aus Belgien, Frankreich, Griechenland, Österreich, Polen, Portugal, Spanien und Tschechien beteiligt sind. Geleitet wird dieses Projekt von dem in Witzenhausen lebenden portugiesischen Ökologen Dr. Gualter Baptista, der sich auch konzeptionell daran beteiligt hat. Beabsichtigt ist, ein europaweites Netzwerk an Trainern für eine Wachstumswende aufzubauen.
Alle neun TT-Organisationen, deren Vertreter am Wochenende in der Kirschenstadt zusammengekommen waren, bereiten etwa zu den Themen solidarisches Wirtschaften oder Agrarkultur Lern-Module vor. In diesen sammeln und systematisieren sie ihre Erfahrungen und Forschungsergebnisse auf dem Weg in eine Nach-Wachstumsgesellschaft, um daraus ein Lernmodul des EU-Bildungsprojektes „Degrowth“ (Wirtschaftsschrumpfung) zu entwickeln.
Transition Town Witzenhausen richtet dabei den Fokus auf Gemeinschaftsbildung. „Wir wollen Gemeinschaft erlebbar machen“, drückt es Silvia Hable (30) aus. Die junge Mutter, die dem Nachwuchs zuliebe gerade ihr Studium in Witzenhausen unterbrochen hat, erinnert an das kleinere Projekt „UnvergEssbar“, dessen Ziel es ist, Ernährungssouveränität herzustellen. Es gehe darum, Menschen zusammenzubringen und alles zu fördern, was mit lokaler Gemeinschaft zu tun habe. Vor diesem Hintergrund könne auch ein maroder Haushalt wie in der Stadt Witzenhausen eine positive Seite haben: Leere Kassen förderten die Kreativität und ließen die Menschen zusammenrücken. Wichtiger Aspekt sei auch der Gedanke des Teilens. Beim Thema Geschlechtergerechtigkeit gehe es darum, gegen Ungleichheit in der Gesellschaft vorzugehen und Hierarchien abzubauen. (zcc)