150 Teilnehmer bei friedlicher Demonstration gegen Lebensmittelverschwendung

Witzenhausen. „Wir sind keine Schwerverbrecher. Wir sind Lebensmittelretter.“ Lautstark und immer wieder skandierten das nach unterschiedlichen Schätzungen 150 bis 200 überwiegend junge Leute, die am Samstagnachmittag in Witzenhausen an einer Demonstration gegen Lebensmittelverschwendung teilnahmen.
Gleichzeitig setzten sie sich für eine Legalisierung des so genannten „Containerns“ ein. Gemeint ist damit eine straffreie Entnahme von genießbaren Lebensmitteln, die aus unterschiedlichen Gründen in Müll-Containern landen.
Hintergrund der Demo ist ein Strafverfahren, bei dem sich zwei Studentinnen und ein Student aus Witzenhausen am 4. Februar vor dem Amtsgericht Eschwege unter dem Verdacht des Diebstahls von Lebensmitteln verantworten müssen.
Bei bitterer Kälte versammelten sich die Demonstranten am Samstag am Nordbahnhof, um mit 45-minütiger Verspätung zunächst zum Tegut-Markt und abschließend zum Marktplatz zu ziehen, wo jeweils kurze Kundgebungen stattfanden.
Unter dem Geleit der Polizei, die mit mehreren Streifenwagen vor Ort war, führten die zum Teil phantasievoll kostümierten Demonstranten Trommeln und Transparente mit. „Gerichte sind zum Essen da“, „Kapitalismus schafft Hunger trotz Überproduktion“, „Warum heißt das Lebensmittel, wenn wir nicht davon leben dürfen?“, „Schwarzbrot statt Schwarz-Rot“ oder „Lasst unsere Freunde in Ruhe“ war darauf zu lesen.
Zu irgendwelchen Zwischenfällen kam es nicht. Alles verlief friedlich, auch der lautstarke Protest vor dem Haupteingang der Tegut-Filiale, den mehrere Polizeibeamte, darunter auch Witzenhausens Polizeichef Klaus Schinzel, sicherten.
Den Behörden, aber auch dem Tegut-Markt warfen die Demonstranten via Lautsprecher vor, die drei Studierenden „auf absurdeste und willkürlichste Weise“ zu kriminalisieren, ohne Beweise für den angeblichen Diebstahl liefern zu können.
Wenn Tegut heute behaupte, die vermeintlich entwendeten Lebensmittel seien für die Witzenhäuser Tafel bestimmt gewesen, mit der sozial schwache Menschen unterstützt werden, dann versuche die Supermarktkette nur ihr Gesicht zu wahren.
Generell profitierten Supermärkte in Form eines Imagegewinns und geringerer Müllentsorgungskosten vom Tafel-Prinzip, das zwar für viele Menschen eine wichtige Hilfe darstelle, letztlich aber Teil sei eines „zunehmend almosenbasierten Armutsverwaltungssystems“.
Von Chris Cortis