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Lebensmittel treiben Inflation: Teuerungsrate steigt auf 1,9 Prozent

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Einkaufswagen
Gut gefüllter Einkaufswagen zwischen Regalen: Lebensmittel sind 2013 deutlich teurer geworden als andere Waren. © dpa

Wiesbaden. Rasant steigende Preise für Nahrungsmittel haben die Teuerung in Deutschland mit 1,9 Prozent auf den höchsten Stand seit Dezember 2012 getrieben.

Die Teuerung ist damit nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden auf die höchste Rate des Jahres geklettert und liegt wieder in der Nähe der Warnschwelle von knapp 2,0 Prozent, bis zu der die Europäische Zentralbank (EZB) ein stabiles Preisniveau gewahrt sieht.

Mit einem Plus von 5,7 Prozent binnen Jahresfrist waren Lebensmittel-Preisanstiege im Juli 2013 so hoch wie seit mehr als vier Jahren nicht mehr (September 2008: + 6,5 Prozent). Spürbar teurer wurden etwa Paprika (+ 48 Prozent), Kartoffeln (+ 44,4 Prozent), Butter (+ 30,8 Prozent), Äpfel (+ 22,3 Prozent) oder H-Milch (+ 18,2 Prozent). Auch die Preise für Eier (+ 7,1 Prozent), Fleisch und Fleischwaren (+ 4,4 Prozent) stiegen schneller als die Verbraucherpreise insgesamt.

Winter und Frühjahr kalt und nass, Hochwasser in Teilen Deutschlands, Missernten und Schwankungen am Weltmarkt - das nennen Analysen als Gründe. Bei den teureren Äpfeln sehen Marktbeobachter Versuche am Werk, die Bestände zu strecken und die Saison auszudehnen.

Die Energiepreise, ständiges Ärgernis in deutschen Schlagzeilen, stiegen im Vergleich moderat um 2,9 Prozent. Strom bleibt in dieser Kategorie der Spitzenreiter (+ 11,9 Prozent). Diesel wurde übers Jahr 2,2 Prozent teurer, Super 1,8 Prozent. Getoppt werden die Preiserhöhungen von einem Sprung beim Glücksspiel - auch das liegt im Warenkorb der Statistiker. Bundesbürger müssen gut ein Fünftel mehr dafür ausgeben - vor allem wegen der Preiserhöhung für die Spieleinsätze bei Lotto 6 aus 49 im Mai 2013.

Billiger geworden im Vergleich zum Juli 2012 sind Kaffee (- 4,5 Prozent), Unterhaltungselektronik (- 5,1 Prozent) und Computer (- 8,3 Prozent).

Praktischen Wert für Verbraucher gewinnen Teuerungsraten, wenn man sie in Beziehung zur Kaufkraft setzt: Und da war das wirtschaftsnahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) zumindest für 2012 - also vor den jüngsten Nahrungsmittelpreissprüngen - ganz entspannt: Laut IW musste ein westdeutscher Arbeitnehmer 2012 für eine Flasche Bier im Schnitt genauso lange arbeiten wie 1991: drei Minuten. Gleichbleibend zehn Minuten Arbeitszeit kosteten nach dieser Rechnung im vergangenen Jahr 2,5 Kilo Kartoffeln - für ein Kilo Kabeljau hingegen musste der Durchschnittsarbeitnehmer statt 56 Minuten wie 1991 zehn Minuten länger arbeiten.

Einen anderen Blick auf die Dinge bringt auch der Ausgabenanteil für Lebensmittel am privaten Gesamtkonsum: Den Deutschen waren Essen und Trinken 2012 im Schnitt knapp 12 Prozent ihrer Ausgaben wert - deutlich weniger als den Franzosen, Polen, Türken, Portugiesen oder Rumänen.

Statistik: Warenkorb mit 600 Positionen

• Die Teuerungsrate hängt an Preisänderungen. Und daran, mit welchem Gewicht die Preisentwicklungen der einzelnen Waren und Dienstleistungen in den Verbraucherpreisindex eingehen. Der gesamte Warenkorb umfasst 600 Waren und Dienstleistungen.

Persönlicher Inflationsrechner

• Mit 1000 wird der Verbraucherpreisindex insgesamt angesetzt - davon zählen in der Gewichtung der Statistiker Nahrungsmittel 90,52, davon Fleisch und Fleischwaren 20,76, Obst 8,67, Gemüse 11,26 Anteilspunkte.

• Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe liegen in diesem System bei 317,29 Punkten, davon die Nettokaltmieten bei 209, die Haushaltsenergie bei 68,19. Stärker gewichtet als Nahrungsmittel werden zudem Verkehr mit 134,73, Freizeit/Unterhaltung mit 114,92.

• Das alles sind Durchschnittswerte: Wer kein Auto hat - der braucht in seinem persönlichen Warenkorb keinen Ansatz für Benzin oder Diesel. Wer nicht raucht, für den spielen Tabakpreise keine Rolle. Lotto-Hasser können den Posten Glücksspiel außen vor lassen.

Knapp über dem EU-Schnitt

• Das Preisniveau eines vergleichbaren Warenkorbs von Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken war im Jahr 2012 im teuersten Mitgliedstaat der EU 27 mehr als zweimal so hoch wie im billigsten Mitgliedsstaat. Ergebnisse - zuerst die Teuersten (EU 27 = 100):

• Dänemark 143

• Schweden 124

• Österreich 120

• Finnland 119

• Irland 118

• Luxemburg 116

• Deutschland 106

Die niedrigsten Preisniveaus meldeten:

• Litauen 77

• Bulgarien 68

• Rumänien 67

• Polen 61

Von Wolfgang Riek

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