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Auf der Jagd nach dem nächsten Kill

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Von: Daniel Schneider

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Fast ein Kill: Die Trefferfläche der Kategorie-Vier-Tiere ist sehr klein.
Fast ein Kill: Die Trefferfläche der Kategorie-Vier-Tiere ist sehr klein.

Volkmarshausen. Der große Hirsch steht einsam im Wald. Luisa Raddatz konzentriert sich, legt einen Pfeil in die Sehne und kneift ein Auge zu. Ein Zischen erklingt im Volkmarshauser Stadtwald. „Das war ein Kill“, sagt sie erfreut. Ein Kill. Das ist das Ziel eines jeden Bogenschützen bei der Deutschen Meisterschaft im 3D-Bogenschießen, die am Wochenende von 512 Schützen in Volkmarshausen ausgetragen wurde.

Alle hatten nur ein Ziel: Deutscher Meister zu werden. „Ich war heute morgen schon ein wenig aufgeregt“, verrät Luisa Raddatz. Die Zehnjährige gehört zu den jüngsten Bogenschützen des Schützenvereins SV Gut Ziel Volkmarshausen. Für sie war es die erste Meisterschaft. Die Schülerin aus Reinhardshagen lieferte sich mit der elfjährigen Annika Rennett aus Schwalmtal ein Kopf-an-Kopf-Rennen am Samstag. Am Sonntag wird aber unter verschärften Bedingungen geschossen - im Huntermodus. Vereinfacht gesagt: Während die Schützen am Samstag drei Schüsse frei hatten, ist am Sonntag nur ein Schuss erlaubt. Im besten Fall ein Kill.

„Ich wollte einfach etwas ganz anderes machen, als meine Freundinnen“, sagt Luisa, während sie den Schuss - das Startsignal für die im Wald verteilten 500 Schützen abwartet. Nun: Ganz so exklusiv ist 3D-Bogenschießen aber nicht mehr. „Der Sport erlebt einen Boom“, erklärt Kampfrichter Sven Posekardt. Warum auch nicht? Die Sportler sind stundenlang in der freien Natur unterwegs, müssen sich auf den Punkt konzentrieren und leben den Sportsgeist. Denn nicht an jeder der 32 Stationen gibt es einen Schiedsrichter. „Die Schützen überprüfen sich gegenseitig“, erläutert Posekardt. Da erblickt er auch schon die Mütze von Annika Rennett. Sie hat ein helles Camouflagemuster. „Bitte beim nächsten Mal eine andere Mütze mitnehmen“, sagt Posekardt. Denn beim 3D-Bogenschießen gibt es eine Kleiderordnung. Jegliche Art von Tarnkleidung ist verboten. Aus zwei Gründen, erklärt Posekardt: „Zum einen ist es gefährlich, sich mit Tarnkleidung im Wald zu bewegen, während mit Bögen geschossen wird. Zum anderen passt solch eine Kleidung nicht zu unserem Image.“

Trotz der Kleiderordnung sind die Schützen sehr individuell unterwegs. Ganz klassisch läuft Ronny Langer (45) durch den Wald. Er trägt Leinen und Leder, nimmt vor jedem Schuss eine Prise Schnupftabak. „Mein Gewand ist einfach praktisch. Egal ob es minus 20 oder 40 Grad sind, es hält mich immer gleich warm. Aber klar: Auf jeder Veranstaltung werde ich angesprochen“, grinst der moderne Robin Hood aus Dresden.

Wie läuft es denn bei Luisa Raddatz mit ihrem gebrauchten Jagdbogen? „Bislang ganz okay. Ich mag es nur nicht, wenn die Tiere so weit wegstehen.“ Es wird auf vier verschiedene Tierkategorien geschossen. Ein Hirsch steht zum Beispiel für Kategorie eins, ein Hase für die vierte Kategorie. Der Hirsch hat zwar eine größere Trefferfläche, steht dafür aber weiter weg. Theoretisch wäre es auch möglich gewesen, auf Tiger oder Dinosaurier zu schießen. Allerdings stand bei der Anschaffung und Platzierung der 32 Ziele Realitätsnähe im Vordergrund.

Posekardt schaut auf sein GPS-Gerät. „Schon neun Kilometer“, ruft er. Es ist gerade mal zehn Uhr und der Kampfrichter hat schon eine gute Strecke hinter sich. Nach dem Wochenende werden es ungefähr 100 Kilometer sein. „Ich bin seit Anfang der Woche da, habe die Entfernungspflöcke für die Schützen abgesteckt und alles noch mal überprüft“, sagt er. Das ist nicht ungefährlich. Am Freitag fiel nur wenige Meter von ihm entfernt eine Buche um. Einfach so. Der in der Nähe platzierten Tierattrappe passierte aber nichts. Weniger Glück hatte ein anderer Kampfrichter, der am Freitag ausrutschte und sich das Bein brach. Jetzt ist Posekardt noch mehr gefordert. „Gibt’s hier Bananen?“ Das ist sein Lieblingsspruch am Wochenende. An einigen Wartestationen bleibt immer Zeit für ein wenig Smalltalk mit den Schützen. Die Stimmung ist gut, das Gelände fantastisch, mehrmals lobt Posekardt den Einsatz der vielen Helfer aus dem Volkmarshauser Verein.

Am Ende langt es für Luisa Raddatz zum fünften Platz. Grund zur Freude gab es dennoch beim Gastgeber. Leon Schroth sicherte sich in der U14-Klasse den Titel und darf sich jetzt Deutscher Meister nennen. Kuriosum zum Abschluss: Die Siegerehrung dauerte zwei Stunden. Aber: Nach sechs Stunden im Wald war die Wartezeit eine willkommene Abwechslung für die 512 Starter.

Von Daniel Schneider

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