Flugzeug in gefährlichem Sinkflug: Pilot greift minutenlang nicht ein

Gefährlicher Landeanflug am Flughafen Frankfurt: Ein Flugzeug von Thai Airways fliegt viel zu tief. Experten analysieren, wie es zu dem dramatischen Vorfall kam.
- Ein Flugzeug im Anflug auf den Flughafen Frankfurt* verliert drastisch an Höhe.
- Nun veröffentlicht die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) einen Zwischenbericht zur Störung beim Flug TG926.
- Experten äußern sich über die Ursache des gefährlichen Sinkflugs der Thai-Airways-Maschine: Ein Pilotenfehler ist möglich.
Frankfurt/Rüsselsheim – Noch einmal gut gegangen, könnte man zu einem Vorfall über Rüsselsheim und Bischofsheim am Neujahrstag (01.01.2020) sagen. Damals befand sich gegen 19.30 Uhr ein Flugzeug der Thai Airways aus Phuket unmittelbar im Landeanflug auf den Flughafen Frankfurt, als der Airbus A350-900 dem Boden bereits gefährlich nahe kam.
Flug TG926 zum Flughafen Frankfurt: Thai-Airways-Airbus zu tief - Zwischenbericht veröffentlicht
Gerade mal 204 Meter, wie jetzt aus dem veröffentlichten Zwischenbericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) in Braunschweig hervorgeht, die den Fall als „schwere Störung“ im Luftverkehr eingestuft hatte und seither ermittelt. Die Passagiermaschine sank demnach sogar noch tiefer als bisher angenommen.
Anfänglich war von rund 250 Metern gesprochen worden, bevor der Pilot das Kommando zum Durchstarten gab und schließlich erst im zweiten Anlauf sicher in Frankfurt landete. Zur Ursache des gefährlichen Sinkflugs, der Passagiere wie auch einige Anwohner entlang der Flugroute auf die Südlandebahn (Piste 07R) des Flughafen Frankfurt aufschreckte, macht der aktuelle Zwischenbericht keine Angaben. Dies werde erst im Abschlussbericht stehen, der im Laufe des Jahres 2020 noch folgt.
Flughafen Frankfurt: Maschine von Thai-Airways zu tief - Autopilot war ausgeschaltet
Doch erstmals nennt die Untersuchungsbehörde nun Details zum Ablauf. Wie zu lesen ist, steuerte der Erste Offizier an diesem Abend des 1. Januar 2020 die Maschine im Landeanflug auf den Flughafen Frankfurt (Englisch: Pilot Flying, PF). Und zwar zum Zeitpunkt des Sinkflugs per Hand, nachdem der Autopilot kurz zuvor ausgeschaltet worden war.
Der hauptverantwortliche Flugkapitän saß im Cockpit auf der linken Seite und sollte den Anflug von TG926 überwachen (Englisch Pilot Monitoring, PM). Draußen war es bereits dunkel. Die Freigabe zur Landung auf den Flughafen Frankfurt von Westen her auf die Piste war schon erteilt worden. Der Anfluglotse des Frankfurter Flughafens hatte die Piloten angewiesen, auf eine Flughöhe von 3000 Fuß oder 914 Meter zu sinken.
Flug TG926 zum Flughafen Frankfurt: Flugzeug von Thai Airways fliegt zu tief - Warnsignale ertönten
Von dort sollte das Flugzeug dann dem weniger steilen „Gleitpfad“ des Instrumentenlandesystems folgen. Doch die Maschine sank weiter. Und zwar in einem rasanten Tempo mit einer Sinkrate von 2000 Fuß pro Minute – doppelt so hoch wie üblich. Normalerweise liegt die Sinkrate an diesen Positionen des Anflugs zwischen 600 bis 800 Fuß pro Minute.
Wie die Aufzeichnungen weiter ergeben, ertönten dann neun Sekunden, nachdem der Airbus eine Höhe von 1900 Fuß (580 Meter) passierte, im Cockpit erste akustische Warnsignale. Das System meldete sich und warnte vor der zu schnellen Sinkrate sowie dem Nichteinhalten des Gleitpfades. Zu diesem Zeitpunkt lag laut Auswertungen des Flugdatenschreibers die Sinkrate bei über 3000 Fuß pro Minute.
Flughafen Frankfurt: Thai-Airways-Airbus zu tief - War es ein Pilotenfehler?
Drei weitere Meldungen setzte das System noch ab. Dann gab der Pilot schließlich das Kommando zum Durchstarten. Da befand sich das Flugzeug nur noch auf einer Höhe von 204 Metern (668 Fuß) – rund 11,9 Kilometer vom Aufsetzpunkt auf der Landebahn des Flughafen Frankfurt entfernt, also zwischen Bischofsheim und Rüsselsheim.
An dieser Stelle müssten Flugzeuge für gewöhnlich mehr als doppelt so hoch sein. Laut Luftfahrtexperten könnte der ungewöhnliche Verlauf des Anflugs schlicht auf eine Pilotenfehler zurückzuführen sein. Warum der Pilot rund drei Minuten lang den zu steilen Sinkflug nicht bemerkte oder nicht eingriff und die Sinkrate korrigierte, müsse allerdings noch abschließend geklärt werden.
Es könne sein, dass das Flugzeug über zu wenig Schub verfügte, nachdem der Autopilot ausgeschaltet wurde. Zumal sich neben dem steuernden Ersten Offizier und dem verantwortlichen Flugzeugführer noch zwei weitere Co-Piloten im Cockpit befanden, wie das Protokoll zeigt.
Flughafen Frankfurt: Flugzeug von Thai Airways TG926 zu tief - Kranker Passagier spielte keine Rolle
Der Erste Offizier hatte eine Flugerfahrung von 4000 Stunden, davon 1500 auf dem Airbus A350. Der Flugkapitän hatte 8000 Flugstunden eingetragen, davon 1500 auf dem Airbus A350, heißt es weiter. Der zweite Anflug wurde mit Hilfe des Instrumentenlandesystems auf die Piste 07R durchgeführt, heißt es im Bericht abschließend. Also ohne besondere Vorkommnisse.

Offenbar hat ein kranker Passagier an Bord der Maschine am Flughafen Frankfurt keine weitere Rolle im Zusammenhang mit dem Vorfall beim Landeanflug gespielt. Der Flughafen in Frankfurt war schon früh vor dem Anflug darüber unterrichtet worden, so dass der Passagier der Thai-Airways-Maschine von Rettungskräften am Boden sofort in Empfang genommen werden konnte.
Von Olaf Kern
Der Billigflieger Ryanair plant, im Sommer den Flugbetrieb nach der Corona-Pause wieder zu starten. Für die Flüge sollen strenge Regeln gelten.
Der Flughafen Frankfurt steht wegen der Corona-Krise weitgehend still. Für den Neustart des Flugverkehrs sind Fiebertests* im Gespräch.
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In Langenhahn (Rheinland-Pfalz) kracht ein Pilot mit seinem kleinen Flugzeug in ein Wohnhaus*. In tausenden Haushalten fällt daraufhin der Strom aus. Die Bergung des Wracks gestaltet sich schwierig.
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