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Mit diesem Flieger geht es von Kassel-Calden bald nach Sylt

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Von: Axel Schwarz

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Sie wird bald auch am Airport Kassel landen: Eine Dornier 328 der Rhein-Neckar Air auf dem Vorfeld des City-Airports Mannheim. Im Bild RNA-Geschäftsführer Dirk Eggert (links) sowie Michael Siegl vom Reisebüro-Verbund Region Kassel.
Sie wird bald auch am Airport Kassel landen: Eine Dornier 328 der Rhein-Neckar Air auf dem Vorfeld des City-Airports Mannheim. Im Bild RNA-Geschäftsführer Dirk Eggert (links) sowie Michael Siegl vom Reisebüro-Verbund Region Kassel. © Axel Schwarz

Viele Nordhessen können es nicht abwarten, von Kassel nach Sylt zu fliegen. Das neue Angebot an Inlandsflügen ist jetzt schon ein Renner. Wir haben uns die Maschine angeschaut.

In der Kabine mit 31 Sitzen fühlt man sich fast wie im Reisebus: Auf dem Vorfeld des City-Flugplatzes in Mannheim wird gerade eine der Turboprop-Maschinen vom Typ Dornier 328 abflugfertig gemacht, mit der das Unternehmen Rhein-Neckar Air (RNA) ab Pfingsten auch Passagiere vom Airport Kassel aus auf die Insel Sylt bringen will.

Binnen eines Tages nach Freischaltung dieses Angebots habe es bereits 80 bis 90 Reservierungen für Sylt-Flüge gegeben, berichtet RNA-Geschäftsführer Dirk Eggert. An ihrem Heimat-Airport habe die RNA einen festen Stammkundenkreis für die Inselverbindung, die von Mannheim aus im Sommer inzwischen viermal wöchentlich angeboten wird. Auch vor dem Hintergrund positiver Erfahrungen findet es Eggert „erstaunlich, dass das in Kassel gleich so gut einschlägt“.

Dass die Rhein-Neckar Air dieses Flugziel überhaupt anbietet, hat sich eher zufällig ergeben. Mit ihren drei Dorniers fliegt die Gesellschaft vor allem Geschäftsleute von Mannheim aus nach Hamburg und Berlin – frühmorgens hin, spätnachmittags zurück. Obwohl der Flughafen Frankfurt nur knapp 80 Kilometer entfernt ist, wird der Service laut Eggert von Unternehmen der nordbadischen Metropolregion rege genutzt. Denn die Autobahnen rund um Rhein-Main sind häufig verstopft, die Wege auf dem Großflughafen lang.

Aus dieser Kundschaft sei irgendwann die Anregung gekommen, auch mal nach Sylt zu fliegen, erzählt RNA-Chef Dirk Eggert. Viele Fans der Insel seien gut situiert, hätten dort häufig auch Wohneigentum. Und sie seien weniger preissensibel als mancher Pauschaltourist, der nur irgendwie in die Sonne will, das aber so billig wie möglich.

Dieser Beitrag stammt von der Video-Plattform Glomex.

Von Kassel aus sollen die Sylt-Flüge pro Strecke 179 Euro kosten. Das sind 62 Euro mehr als ein einfaches Bahnticket ohne Ermäßigung. Mit der Bahn aber dauert die Reise sechs Stunden, mit dem Auto auch nicht viel weniger – aber nur, wenn alles glatt läuft. Per Flugzeug ist man in weniger als einer Stunde da. Eggert: „Das ist vielen unserer Kunden den Ticketpreis wert, wenn sie dadurch zwei Urlaubstage sparen.“

In der Ferien-Kernzeit seien die Sylt-Flieger ab Mannheim mit durchschnittlich 25 Passagieren besetzt, sagt RNA-Chef Eggert, der in Personalunion zugleich Geschäftsführer des kleinen Mannheimer City-Airports ist. Die Idee, ein solches Angebot auch ab Kassel zu machen, sei schon länger mit den Kollegen am Airport in Calden uberlegt worden. Man kenne einander gut.

Für die Sylt-Flüge ab Nordhessen müsse auch grundsätzlich nichts neu erfunden werden, sagte Eggert: An den Samstagen stehe eine aus Mannheim gekommene Maschine „sowieso den ganzen Tag auf Sylt herum“. Der Grund: Es gebe an diesem Flugtag jeweils eine Handvoll Gäste, die morgens kämen und schon am selben Abend wieder zurückfliegen wollten. Statt ungenutzt zu warten, könne der Flieger in der Zwischenzeit auch Inselfans aus Kassel abholen.

Für die Rhein-Neckar Air seien die Sylt-Flüge inzwischen „ein voller Erfolg“, sagt der Geschäftsführer. Ab Mannheim laufe das Angebot so gut, dass längst auch außerhalb der Ferienzeit geflogen werde, nämlich von Anfang April bis Ende Oktober.

In Kassel will RNA zunächst testen, wie die Flüge zwischen Pfingsten und dem 31. August angenommen werden. Wäre danach ein Ausbau denkbar, wenn es gut läuft? „Absolut“, antwortet Egger.

Startklar: Pilot Stephan Claasen (links) und Kopilot Daniel Fade im Cockpit der Turboprop-Maschine.
Startklar: Pilot Stephan Claasen (links) und Kopilot Daniel Fade im Cockpit der Turboprop-Maschine. © Axel Schwarz

Das ist die Fluglinie Rhein-Neckar Air 

Die Gründung der Rhein-Neckar Air ist eine Geschichte der Selbsthilfe aus der Wirtschaft der gleichnamigen Metropolregion in Nordbaden: Als 2012 die am Flugplatz Mannheim ansässige Cirrus Airlines pleite ging, fielen die gewohnten täglichen Geschäftsflüge nach Berlin und Hamburg weg. Keine andere Fluggesellschaft zeigte Interesse, die Lücke zu füllen. Hinzu kommt laut Flughafenchef Dirk Eggert, dass auf der kurzen Landebahn nur kleine Maschinen landen können. 

Zwei Jahre sei überlegt worden, wie es weitergehen kann. „Schließlich haben wir gemeinsam mit der Wirtschaft gesagt: Dann machen wir es eben selbst.“ Ein Förderverein brachte zehn Unternehmen – darunter SAP, Bauhaus, Südzucker und Heidelberg Cement – an einen Tisch. Die Beteiligten einigten sich, eine Anschubfinanzierung „in mittlerer sechsstelliger Höhe“ bereitzustellen, um die RNA als neuen Geschäftsflug-Anbieter aus der Taufe zu heben. 

Dass dies gelang, daran habe die örtliche Industrie- und Handelskammer großen Anteil gehabt und den Prozess moderiert, betont Eggert. In den ersten drei Betriebsjahren seien je etwa 600- bis 800.000 Euro Verlust zu schultern gewesen. Für 2018 sehe es „wesentlich besser“ aus, und für 2019 hält Eggert eine schwarze Null für erreichbar. 

Dass ein solches Vorhaben gelingt, „steht und fällt mit dem Engagement der Wirtschaft“, betont er. Der Bedarf für die Flüge zu geschäftsterminfreundlichen Zeiten ist offenbar da: 700 Firmen aus dem Rhein-Neckar-Raum haben das Angebot laut einer Erhebung bereits genutzt. Als weiteres Standbein fliegt die RNA im Chartergeschäft Profisport-Teams an ihre Spielorte – nicht nur Lokalmatadoren wie die TSG Hoffenheim und die Adler Mannheim, auch etliche weitere Bundesligamannschaften wie Schalke 04, RB Leipzig und Hannover 96.

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