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Gutachter nennen Ursache für drohenden Einsturz der Salzbachtalbrücke

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Von: Julian Dorn

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Die Salzbachtalbrücke wurde wegen Einsturzgefahr gesperrt.
Die Salzbachtalbrücke wurde wegen Einsturzgefahr gesperrt. © Renate Hoyer

Die drohende Havarie und Sperrung der Salzbachtalbrücke in Wiesbaden hat ein Verkehrschaos verursacht. Jetzt ist klar, warum die Brücke instabil geworden ist.

Wiesbaden – Seit die Salzbachtalbrücke in Wiesbaden gesperrt ist, bedeutet die Fahrt in die hessische Landeshauptstadt für viele Berufspendler eine fortwährende Geduldsprobe im Verkehrschaos auf der A66: Die wichtige Autobahn zwischen Wiesbaden und Frankfurt ist an der Stelle unterbrochen.

Wann der Verkehr dort wieder rollen kann, ist noch unklar. Klar ist hingegen nun, was die Havarie der Brücke verursacht hat: Schuld ist wohl ein defektes Kugellager.

Gesperrte Salzbachtalbrücke bei Wiesbaden an der A66: Hitze spielt entscheidende Rolle

Zu diesem Ergebnis kommen vier unabhängige Gutachten, die unter anderem von der Autobahngesellschaft des Bundes in Auftrag gegeben worden sind. Dass ein kollabiertes Kugellager der Auslöser für die Havarie der 304 Meter langen und im Wiesbadener Stadtteil Biebrich gelegenen Brücke sein könnte, vermuteten Fachleute bereits. Die Kugellager bei einer Brücke verbinden den Überbau, die Fahrbahn, mit dem Unterbau, also den Pfeilern und dem Fundament.

Laut den Gutachtern liegt die Vermutung nahe, dass eine der verbauten Rollen versagt hat, weil immer wieder Korrekturen an der Statik des 1963 errichteten Bauwerks und der Lagerung beider Brückenteile vorgenommen wurden. Das erfuhr die Frankfurter Rundschau auf Anfrage von der Autobahngesellschaft.

Diese Korrekturen waren nötig geworden, weil die Konstrukteure seinerzeit flache Fundamente verwendeten, um die Brücke zu stabilisieren. Die reichten jedoch nicht aus, so die Gutachter. Heute sei es üblich, bis zu 15 oder 20 Meter tiefe Pfeiler im Erdreich zu versenken.

Vorbereitungen auf Rückbau haben Schaden an Salzbachtalbrücke bei Wiesbaden nicht verursacht

„Zusammen mit der besonders hohen Beanspruchung der Brücke durch die hohen und konstanten Temperaturen Anfang bis Mitte Juni – zur Sonnenwende mit besonders langer Einwirkintensität – kam es mutmaßlich zu einer Aneinanderreihung negativer Wirkung auf das Südbauwerk“, erklärte ein Sprecher der Autobahngesellschaft am Donnerstag in Wiesbaden.

Gleichzeitig hätten die Gutachter festgestellt, dass die Vorbereitungen auf den damals geplanten Rückbau der Brücke den Schaden nicht verursacht haben. 

Gesperrte Salzbachtalbrücke bei Wiesbaden: Nichts geht mehr auf und unter der Brücke

Diese Erkenntnis dürfte den Berufspendlern indes nicht viel helfen: Auch unter der Brücke rollen derzeit kein Zug und kein Auto. Der Hauptbahnhof Wiesbaden ist daher weitgehend vom Bahnverkehr abgeschnitten, nachdem sich der Überbau der Brücke an einem Pfeiler im Juni abgesenkt hatte und Betonbrocken herabgefallen waren.

Die Salzbachtalbrücke wird derzeit von provisorischen Pfeilern* gestützt und soll voraussichtlich Ende Oktober oder Anfang November gesprengt und anschließend neu gebaut werden. Ob der nun vorgesehene Zeitplan eingehalten werden kann, ist allerdings alles andere als sicher.

Damit die Salzbachtalbrücke nicht zusammenbricht: Der ferngesteuerte Tausendfüssler schiebt die Gerüsttürme ein.
Damit die Salzbachtalbrücke nicht zusammenbricht: Der ferngesteuerte Tausendfüssler schiebt die Gerüsttürme ein. © Autobahn GmbH / Maurice Kaluscha

Bis dahin gibt es noch einiges zu tun: Der komplette Bereich unter der Brücke muss bis zur Sprengung noch vorbereitet werden. Auf den Boden unter dem Bauwerk wird Erde aufgeschüttet. Damit wollen die Sprengmeister Erschütterungen, die beim Aufprall der gesprengten Brücke entstehen, minimieren. Diese würden sonst möglicherweise zu Schäden an einem angrenzenden Klärwerk führen.

Sprengung der Salzbachtalbrücke verzögert sich – Kampfmittelräumdienst muss anrücken

Und es kam schon zu Verzögerungen: Eigentlich sollte die Brücke bereits Anfang Oktober gesprengt werden. Der Grund: mögliche Überreste von Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg unter der Brücke. Der Kampfmittelräumdienst müsse die Bahngleise absuchen und dafür graben – je tiefer, desto länger dauere es, heißt es von der Autobahngesellschaft.

Außerdem sollen laut Autobahn GmbH die Oberleitungen und Gleisanlagen der Bahn zurückgebaut werden. Geplant ist, dass die Südbrücke bei der Sprengung senkrecht nach unten fällt. Dann soll die Nordbrücke auf die gesprengte Südbrücke fallen. Zu den einzelnen Sprengstellen an der Salzbachtalbrücke sei zudem ein Sicherheitsabstand von 250 Metern vorgesehen, hatte die Autobahn GmbH bereits im Juli mitgeteilt. In diesem Umkreis müssten die Menschen dann ihre Häuser verlassen.

Lkw in spektakulärer Aktion von der Salzbachtalbrücke geholt

Doch nur wenn die Vorbereitungen darauf optimal verliefen, dann könnten Ende Oktober/Anfang November die Sprengmeister zum Einsatz kommen, so die Verantwortlichen. Die Pendler brauchen also weiterhin starke Nerven.

Quasi in letzter Sekunde gibt es doch noch ein Happy End für den Lastwagen auf der Salzbachtalbrücke: Per Kran wird das Spezialfahrzeug von der kaputten Brücke gehoben - bevor diese gesprengt wird.
Quasi in letzter Sekunde gibt es doch noch ein Happy End für den Lastwagen auf der Salzbachtalbrücke: Per Kran wird das Spezialfahrzeug von der kaputten Brücke gehoben - bevor diese gesprengt wird. © Boris Roessler/dpa

Allein: Eine gute Nachricht gibt es von der maroden Brücke. Bevor die Konstruktion bei Wiesbaden demnächst gesprengt wird, kam für einen LKW auf der Salzbachtalbrücke* Rettung aus der Luft. Ein Kran holte das 700.000 Euro teure, verlassene Fahrzeug mit einem spektakulären Manöver von der maroden Brücke. (Julian Dorn) *fnp.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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