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Abschiebung eines jungen Kurden aus Kassel in die Türkei gestoppt

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Von: Hanning Voigts

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Ein junger Kurde aus Kassel sollte von Frankfurt aus in die Türkei abgeschoben werden. Doch der Versuch scheiterte an der Gegenwehr des 31-Jährigen und an seinem Rechtsanwalt.

Hessen – Er war schon am Flughafen Frankfurt, jetzt ist er wieder auf freiem Fuß: Ein junger Kurde aus Kassel konnte am Mittwoch nicht wie geplant aus Hessen in die Türkei abgeschoben werden. Wie ein Sprecher des Regierungspräsidiums (RP) Kassel der Frankfurter Rundschau auf Anfrage bestätigte, sei der Abschiebeversuch „aufgrund passiver Widerstandshandlungen“ abgebrochen worden. Die Zentrale Ausländerbehörde des RP Kassel habe keine Abschiebehaft beantragt. Deshalb sei der Mann letztlich freigelassen worden.

Der 31 Jahre alte Zana S., der aus der Türkei kommt, hatte im März vergangenen Jahres in Deutschland Asyl beantragt und zunächst in Augsburg gelebt. Später war er mit Genehmigung der lokalen Ausländerbehörde nach Kassel umgezogen, um dort eine Arbeit anzunehmen. Die Polizei war am Mittwochmorgen zu seiner Kasseler Wohnung gekommen und hatte S. gegen seinen Willen zum Frankfurter Flughafen gebracht, um ihn abzuschieben.

Der Kurde sollte in Frankfurt in ein Flugzeug in die Türkei gesetzt werden. Foto: Rolf Oeser
Der Kurde sollte in Frankfurt in ein Flugzeug in die Türkei gesetzt werden. Foto: Rolf Oeser © Rolf Oeser

Abschiebung eines Kurden in Hessen: „Menschlich habe ich dafür keine Worte mehr“

Der Anwalt von Zana S., Rechtsanwalt Rafet Disli aus Oldenburg, sagte der Frankfurter Rundschau, zur Begründung der Abschiebung habe es geheißen, dass der 31-Jährige Termine bei der Ausländerbehörde nicht wahrgenommen habe. Dies habe aber lediglich damit zu tun, dass es Probleme mit der Postzustellung bei seinem Mandanten gegeben habe. Er sei entsetzt darüber, dass die Kasseler Behörden sofort eine Abschiebung in die Wege geleitet hätten, sagte Disli. Sein Mandant befinde sich noch im Asylverfahren und sei noch nicht einmal zu seinen Fluchtgründen befragt worden. „Rechtlich ist das alles sehr zweifelhaft, und menschlich habe ich dafür keine Worte mehr“, sagte Disli.

Wenn der Asylantrag seines Mandanten bereits abgelehnt worden und der Rechtsweg komplett ausgeschöpft wäre, könne er eine Abschiebung grundsätzlich nachvollziehen, sagte Disli. Zum jetzigen Zeitpunkt sei eine Rückführung in die Türkei aber ganz offensichtlich „nicht der richtige Weg“. Das gelte insbesondere deshalb, weil Zana S. sich gut in Hessen integriert habe und sogar berufstätig sei.

Hessen: Kurdische Initiativen begrüßen das Scheitern der Abschiebung

Von kurdischen Aktivist:innen und Initiativen in Deutschland wurde das Scheitern der Abschiebung von Zana S. am Mittwoch als Erfolg begrüßt.

Torsten Felstehausen, parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im hessischen Landtag, nannte es skandalös, dass nicht zugestellte Behördenbriefe zur Grundlage einer Abschiebung gemacht werden sollten. In der Türkei drohe Zana S. politische Verfolgung, eine Abschiebung müsse verhindert werden. Insgesamt sei es „ein Armutszeugnis – insbesondere für die mitregierenden Grünen –, dass die hessische Landesregierung trotz der schweren Erdbeben in der Türkei und in Nordsyrien mit Zehntausenden Toten an Abschiebungen in die Türkei festhält“, sagte Felstehausen. (Hanning Voigts)

„Der Willkür der Taliban ausgeliefert“: Scharfe Kritik an Abschiebung einer Afghanin von Frankfurt in den Iran.

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