Auch der geringe Kontakt der Menschen zur Umwelt spiele bei der Entstehung von Allergien eine Rolle. „Kinder verbringen mehr Zeit drinnen. Aber je früher wir mit möglichst vielen Allergenen in Kontakt kommen, desto größer ist die Möglichkeit, eine Toleranz zu entwickeln“, sagt Eberle.
Die Pollensaison habe sich in den vergangenen Jahren deutlich verlängert. Auch die Konzentration der Pollen in der Atmosphäre steige. Denn durch sogenannte Mildphasen fliegen die Pollen länger in den Herbst hinein. Gleichzeitig beginnen die Bäume früher zu blühen, teilweise schon im Februar, so die Ecarf. Ein gutes Beispiel dafür sei auch der vorige rekordwarme Jahreswechsel: Auch in Kassel waren es in der Silvesternacht 17 Grad.
„Durch Umwelteinflüsse, Schadstoffe und den Klimawandel verändern sich die Pollen. Sie werden aggressiver und bereiten mehr Beschwerden“, bestätigt auch Dr. Peter Eberle, der zusätzlich zur Arbeit in seiner Privatpraxis bald auch in Berlin zur Ernährungsmedizin forscht.
Die gute Nachricht: Allergien seien durch Hyposensibiliserung mittels Spritzen, Tropfen oder Tabletten inzwischen gut behandelbar. „Unser Ziel ist, die Symptome zu mindern oder sogar ganz zu beseitigen. Außerdem wird eine weitere Allergientwicklung dadurch unwahrscheinlicher“, sagt Thomas Lenz.
Allergien treten heute häufiger auf, als noch vor 20 Jahren. Noch dazu leiden die Betroffenen auch deutlich früher in ihrem Leben an den Symptomen: „Als ich Medizin studiert habe, hat man gesagt, dass Allergien erst mit dem Schulalter auftreten. Heute behandele ich auch schon Kinder, die erst 16 Monate alt sind“, sagt Dr. Peter Eberle, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin sowie für Allergologie am Klinikum Kassel.
Zwar habe sich auch die Diagnostik in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Aber auch der Pollenflug werde stärker – und die Pollensaison insgesamt länger. Das bestätigt auch die Europäische Stiftung für Allergieforschung (Ecarf).
Wenn eine Allergie festgestellt wurde – etwa durch einen Hauttest – sollte man handeln, sagt Eberle. „Mit einer Hyposensibilisierung, auch spezifische Immuntherapie genannt, bekämpfen wir die Ursache, nicht nur die Symptome“, sagt Eberle.
Dazu muss der Patient täglich Tropfen oder Lutschtabletten zu sich nehmen, oder alle zwei bis vier Wochen in eine Arztpraxis zur Allergie-Spritze kommen. Die Wirkung der verschiedenen Therapiemethoden sei gleich. Jeder müsse für sich selbst entscheiden, was am besten zur aktuellen Lebenssituation passe.
Eine Immuntherapie wird nach der Allergie-Diagnose von der Krankenkasse bezahlt und dauert etwa drei bis fünf Jahre. „Jedes Immunsystem ist unterschiedlich. Bei etwa 80 Prozent der Patienten ist die Therapie schon nach drei Jahren erfolgreich“, sagt Eberle. Diese Hyposensibilisierung werde immer mit einer nasalen Provokation beendet. „Der Patient bekommt Pollen in die Nase gesprüht und wir gucken, was passiert. Wenn er nicht reagiert, ist er fertig mit der Therapie“, so der Allergologe.
Die Erfolgschancen seien bei Kindern besonders gut: Bis zu 84 Prozent haben danach keine Allergie mehr, so der Mediziner. Bei Erwachsenen beenden etwa 65 bis 70 Prozent die Therapie erfolgreich. Nicht bei allen Patienten kommen die Symptome aber auch langfristig nicht zurück.
Viele bemerken nach acht bis zehn Jahren erneut Symptome eines Heuschnupfens. Eberle empfiehlt, die Therapie dann zu wiederholen: „Für diese Booster-Behandlung reichen auch oft zwei bis drei Jahre aus.“