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Aus für das Voit: Wie Kassel zu seinem ersten Sternerestaurant kam

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Von: Axel Schwarz

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Das Küchenteam des Restaurant Voit in Kassel mit (von links) Nils Fischer, Viktor Bravo, Christoph Wehnhardt, Inhaber Sven Wolf, Sun Han und Michael Kühnert.
Konzentrierte Menüplanung: Das Küchenteam des Restaurants Voit nach technischen und ästhetischen Umgestaltungen im Sommer 2021. © Can Wagner / Agentur Dorfmeyster

Viele Fans gehobener Gastronomie in Nordhessen bedauern, dass das Kasseler Gourmet-Restaurant Voit aufgegeben wird. Hier ist die achtjährige Geschichte dieses besonderen Lokals.

Kassel – In Jahrzehnten hatten verschiedene ambitionierte Gastronomen den Plan verfolgt oder zumindest den Traum gehegt, dass Kassel kein weißer Fleck mehr auf der Landkarte der Michelin-Sterne sein soll. Derjenige, dem es schließlich gelang, musste gerade schweren Herzens die Schließung seines Gourmetrestaurants Voit an der Friedrich-Ebert-Straße verkünden – vorläufiges Ende eines Küchen-Karrieretraums. Gleichwohl hat Sven Wolf in seiner Geburtsstadt Kassel spitzengastronomische Maßstäbe gesetzt.

Hier in der Region wurden auch die Grundsteine seiner Laufbahn gelegt: Vor zwei Jahrzehnten hatte Wolf, heute 41, seine Koch-Ausbildung im Waldhotel Schäferberg in Espenau gemacht. Anschließend folgten berufliche Stationen in Frankfurt sowie in Hamburg, wo Sven Wolf mit TV-Kochgröße Tim Mälzer als Souschef in dessen „Bullerei“ arbeitete.

Innerhalb des Hamburger Schanzenviertels wechselte Sven Wolf später ins „Lokal 1“, das zwei ehemalige Küchenchefs von Tim Mälzer sowie des ebenfalls fernsehbekannten Christian Rach gegründet hatten.

2014 zog es Sven Wolf wieder in die nordhessische Heimat: Mit Unterstützung seiner Eltern – Vater Karl Heinz „Ede“ Wolf ist als ehemaliger Polizeirevierleiter und Fußballtrainer regional bekannt – baute er in einem der Gründerzeit-Ladenlokale an der Friedrich-Ebert-Straße, die lange Zeit leergestanden hatten, sein eigenes Restaurant Voit auf. Voit ist der Nachname eines verstorbenen Onkels von Sven Wolf.

Edel und akribisch durchkomponiert, zugleich aber lässig-reduziert auf der Höhe der Zeit – das traf auf die Lokalgestaltung ebenso zu wie aufs kulinarische Programm, hatte in Kassel Neuigkeitswert und zog nicht nur die Aufmerksamkeit regionaler Gourmets, sondern bald auch das Interesse der Michelin-Tester auf sich.

Groß waren der Jubel und die Anteilnahme, als dem Voit für 2018 Kassels erster Michelin-Stern zuerkannt wurde. In der Stadt wuchs das Selbstbewusstsein, nun Gourmet-Standort zu sein – so wurde die Beglaubigung für das Folgejahr allgemein schon wie selbstverständlich vorausgesetzt.

Dann die Ernüchterung, als der Michelin-Führer das Sterneprädikat für das Voit in seiner Ausgabe 2020 nicht mehr fortgeschrieben hatte – was für die Autoren nicht begründungsbedürftig ist.

Ein herber Schlag für den ebenso sensiblen wie perfektionistischen Patron Wolf, dem man nachsagt, allein mit dem skeptischen Hochziehen einer Augenbraue könne er sogleich eine ganze Restaurant-Equipe auf Trab bringen. Und eine Hiobsbotschaft, die noch größeres Ungemach vorwegnahm. Denn nur wenige Tage später schickte sich ganz Deutschland in den Krisenmodus der Corona-Pandemie, mit den bekannten Folgen insbesondere auch für Gastronomen.

Sven Wolf hat in all den turbulenten Zeiten immer wieder betont, dass er keine Abstriche an Qualität und Anspruch seiner Küche zu machen gedenke. Gleichwohl ist Kassels erstes Sternerestaurant nun offiziell Geschichte.

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