Antje Vollmer (79) gestorben: Bis zuletzt Kassel verbunden
Mit Antje Vollmer ist eine der prominentesten Grünen-Politikerinnen gestorben. Die Theologin hatte bis 2005 ihren Wahlkreis für den Bundestag in Kassel.
Kassel – „Sie wird für immer unsere Antje bleiben.“ Dieser Satz fiel, als sich Antje Vollmer 2005 aus dem politischen Leben in Kassel verabschiedete. Sie wollte nach elf Jahren nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Gesagt hat den Satz der damalige Kreisvorsitzende Andreas Jürgens, die Verbindung hat bis vor ein paar Tagen gehalten.
Im Alter von 79 Jahren ist die langjährige Vizepräsidentin des Bundestages an einem Krebsleiden gestorben. In Kassel trauern viele ehemalige Weggefährten um eine außergewöhnliche Frau, die von den Grünen in Nordhessen mit offenen Armen aufgenommen wurde. In ihrer nordrhein-westfälischen Heimat hatten – die Älteren erinnern sich an den Begriff – damals die Fundis unter den Grünen das Sagen. Auf einen guten Listenplatz für ein Bundestagsmandat hätte Antje Vollmer da wohl nicht hoffen dürfen. Doch wie kam die damals schon bundesweit bekannte Politikerin nun nach Kassel?

Grünen-Politikerin und Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Antje Vollmer (79) gestorben
„Es gab damals ein Treffen am Bahnhof Wilhelmshöhe“, sagt Iring von Buttlar, der mehrere Jahre Wahlkreisreferent von Antje Vollmer war. Beteiligt waren der wohl bekannteste hessische Grüne Joschka Fischer, Antje Vollmer und die Kasseler Spitzengrünen. Einer von ihnen war Reinhold Weist. Die Idee sei gewesen, Antje Vollmer nach Hessen zu holen. Entweder nach Darmstadt oder nach Kassel. Nordhessen machte dann das Rennen. Antje Vollmer sollte mit Joschka Fischer eine Doppelspitze bilden. So kam es dann auch. Die Theologin mit der markanten Frisur wurde grüne Spitzenkandidatin im Kasseler Wahlkreis 170 und machte denkwürdige Wahlkämpfe.
Zu Diskussionsrunden in Kassel kamen unter anderem Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass (er hat Verwandtschaft in Kassel), Filmregisseur Christoph Schlingensief und der Philosoph Peter Sloterdijk. Antje Vollmer holte zweistellige Wahlergebnisse, was für die Grünen damals herausragend gut war. „Wir mussten ja bangen, ob wir überhaupt in den Bundestag einziehen“, erinnert sich Reinhold Weist, der ebenso wie Volker Schäfer und andere Kasseler Grüne bis zum Schluss Kontakt zu Antje Vollmer hatte. Auf einen Brief hat sie vor Kurzem noch reagiert. Selbst über den Ausgang der Oberbürgermeisterwahl am vergangenen Sonntag war sie informiert.

Antje Vollmer, die in ihrer Kasseler Zeit eine besondere Beziehung zum Bergpark Wilhelmshöhe aufgebaut hat, wies darauf in ihrer letzten Nachricht noch einmal hin. Die alten Weggefährten sollten doch darauf achten, dass dieser herrliche Park weiter geschützt werde. Als Mitinitiatorin des Vereins Bürger für das Welterbe hat sie ihren Teil dazu beigetragen. (Thomas Siemon)
In einem Offenen Brief fordern Persönlichkeiten wie der Kasseler Politologe Werner Ruf und Ex-Politikerin Antje Vollmer einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine.