Clubs und Diskos in Kassel: Die meisten Läden haben wieder auf

Auch in Kassel klagten viele Party-Fans über das Club-Sterben: Nach zwei Jahren Pause sind die meisten Läden jedoch wieder da. Sogar DJ-Stars kommen nach Kassel.
Kassel – Als heimische Club-Betreiber im Spätsommer 2020 wegen der Corona-Schließungen auf die Straße gingen und ums Überleben kämpften, befürchtete Cristian Gherhard das Schlimmste: „Es könnte sein, dass es nächstes Jahr gar keinen Club mehr in Kassel gibt.“ Gott sei Dank kam es anders. Der Techno-Club Grauzone, den Gherhard und Calvin Beisheim bereits vor zwei Jahren aufmachen wollten, feierte gerade Eröffnung. Und viele andere Läden sind immer noch da. Bislang macht sich das Club-Sterben, von dem in Kassel oft die Rede war, nicht bemerkbar. Unser Überblick zeigt, wie vielfältig Kassel ist.
- Club 22 (Friedrich-Ebert-Straße 61A) und York (Obere Königsstraße 4): Beide Läden sind seit Langem Institutionen für das junge Party-Volk. Nach zwei Jahren Pause feiern nicht nur Stammgäste, sondern auch Besucher, die vor Corona noch zu jung für eine Disco waren. Betreiber Karl Börries freute sich nach dem Neustart im Club 22: „Am ersten Abend haben wir um zehn geöffnet, und 20 Minuten später war die Tanzfläche voll. Das gab es noch nie.“
- Musikpark A7 (Miramstraße 74): Kassels einzige Großraum-Disco wurde zuletzt oft totgesagt. Doch an den Verkaufsgerüchten war nie etwas dran, versichert Betreiber Ingo Zitzelsberger. Seit gestern ist freitags und samstags zumindest wieder die Mausefalle geöffnet. Karten gibt es vorerst nur im Vorverkauf.
- Gleis 1 (Rainer-Dierichs-Platz 1): Zur Wiedereröffnung gibt es im Club im Kulturbahnhof an diesem Samstag ein neues Format: Bei „Groove Culture“ legen DJ Chilly-T und DJane Miss Betty Ford Dance Classics und House auf.
- Graf Karl (Leipziger Straße 407): Erst im November haben Willy Elliot und Tim Marth aus dem Panoptikum am Stadtrand von Bettenhausen das Graf Karl gemacht. Unter Techno-Fans hat ihr Laden jetzt schon einen Namen. Selbst aus Erfurt und dem Sauerland kommen sie nach Kassel. Samstagabend legt mit Loveparade-Erfinder Dr. Motte eine Techno-Legende auf. Bald soll es auch Live-Musik geben.
- Frau Tanz (Mombachstraße 47): Auch im ehemaligen Kleinen Onkel will man nun vielseitig sein. Betreiber Steve Turn hat seinem Techno-Club nicht nur einen neuen Namen gegeben, sondern will spätestens im Sommer dort auch Konzerte und Ausstellungen präsentieren.
- Grauzone (Friedrich-Ebert-Straße 1): Bereits gestern begann das zweitägige Grand Opening des neuen Techno-Clubs in der ehemaligen Spielothek. Hauptgewinn für die Besucher sind jede Menge Endorphine. In der Ankündigung verspricht Betreiber Calvin Beisheim: „Macht euch gefasst auf eine elektronische Tanzakrobatik, die auf keiner Eskalationsstufe mehr zu finden ist.“
- Unten (Wolfhager Straße 39A): Früher war der Konzert- und Party-Club im Nordflügel des Kulturbahnhofs zuhause. Seit einigen Jahren residiert das Unten im Schillerviertel direkt neben dem Straßenstrich. Noch ist hier aber tote Hose. Die Betreiber Mathias Jakob und Andreas Störmer haben einiges umgebaut. Nach der Abnahme soll es in den nächsten Wochen wieder losgehen – mit Konzerten und Club-Abenden. „Wir stehen in den Startlöchern“, sagt Jakob.
- Franz Ulrich (Franz-Ulrich-Straße 19): Der Laden in der ehemaligen Gesteinsprüfstelle der Bahn will mehr als nur ein Club sein. Von Lesungen bis Meetings soll hier alles möglich sein. Der Konzertkalender für die nächsten Monate ist prall gefüllt und macht jetzt schon Lust auf mehr. Am Donnerstag kamen zu den Kritikerlieblingen von Ducks on Drugs allerdings nur 15 Besucher. Mitbetreiber Dirk Lieschke glaubt: „Die Leute haben noch ein bisschen Angst wegen Corona.“
- Goldgrube (Eisenschmiede 85): In dem feinen Live-Club in der Nordstadt finden Veranstaltungen statt wie „Kassels lauteste Party“. Aber nicht nur Metal-Fans kommen hier auf ihre Kosten. An diesem Abend gibt es hier Punkrock unter anderem mit dem Musiker Christmas. Fühlt sich an wie Weihnachten im März.
- Theaterstübchen (Jordanstraße 11): Im vorigen Jahr wurde Markus Knierims Kasseler Institution als bester Club Deutschlands ausgezeichnet. Sein Live-Jazz-Programm findet bundesweit Beachtung. Samstags gibt es traditionell Disco für Erwachsene – an diesem Samstag mit Bernd Kuchinke, dem Dr. Motte von Kassel.
- Schlachthof (Mombachstraße 10-12): Ähnlich vielfältig wie das Theaterstübchen ist das Kulturzentrum in der Nordstadt. Christof Lutz, der das Programm mitverantwortet, freut sich: „Es ist toll, das so viele Clubs durchgehalten haben.“
- Kulturfabrik Salzmann (Leipziger Straße 407): Am längsten durchgehalten hat das Team der Kulturfabrik Salzmann. 2013 musste die Einrichtung das Industriedenkmal in Bettenhausen verlassen, wo früher der legendäre Techno-Club Aufschwung Ost residierte. Das Programm findet nun in der Ersatzspielstätte am Kupferhammer eine Bühne. Nächstes Jahr will die Kulturfabrik jedoch in den umgebauten Bunker in die Bettenhäuser Agathofstraße umziehen. Kassels Club- und Kulturszene wird dann noch vielfältiger. (Matthias Lohr)