Bahn auf dem Weg nach Kassel umgeleitet – Reisende gerät in Panik
Ohne Erklärung des Lokführers nimmt ein Cantus-Zug eine andere Strecke, die deutlich länger dauert. Passagiere verpassen ihre Haltestellen.
Kassel/ Bad Hersfeld - Heinz-Peter Metz ist auch Tage nach einer Bahnfahrt von Bad Hersfeld nach Kassel ziemlich aufgebracht. Am Samstagabend war der 67-jährige Kasseler mit dem Cantus-Zug auf dem Rückweg von einer Messe in seine Heimat. Doch was er und ein gutes Dutzend Mitreisende unterwegs erlebten, habe keine Lust aufs Bahnfahren gemacht.
Beim Einstieg in Bad Hersfeld lief noch alles nach Fahrplan. Der Cantus-Zug RE5 fuhr ziemlich pünktlich gegen 19.20 Uhr in Bad Hersfeld ab. Auch beim ersten Halt in Bebra schien für die Fahrgäste noch alles wie immer zu sein. „Doch als sich der Zug dann in Bebra in Bewegung setzte, wurde er immer schneller und schneller. Eine Frau, die beim nächsten Halt in Rotenburg aussteigen wollte, geriet in Panik“, erzählt Metz.
Obwohl wegen der Dunkelheit kaum zu erkennen war, was hinter den Zugfenstern vorbeirauschte, wurde dem Kasseler schnell klar, dass der Zug eine andere Strecke fuhr. Deshalb hielt dieser weder – wie eigentlich vorgesehen – in Rotenburg noch in Melsungen. „Er raste die Strecke durch und hielt erst wieder nach knapp 40 Minuten in Eichenberg“, erzählt Metz.

Endstation Kassel Hauptbahnhof: Zug fährt andere Strecke als angekündigt
Die Frau, die in Rotenburg aussteigen wollte, sei sehr aufgelöst gewesen. Denn niemand habe die Fahrgäste während der gesamten Fahrzeit über die Fahrplanänderung und die ausgefallenen Halte informiert. Lediglich auf der Anzeigetafel im Abteil sei irgendwann der Hinweis aufgetaucht, dass die Endstation des Zuges Kassel-Hauptbahnhof sei.
In Eichenberg habe man durch die Scheiben erkennen können, wie der Fahrzeugführer aus dem Führerstand stieg und ans andere Ende des Zuges rannte, um in den dortigen Führerstand zu steigen. Nun setzte sich der Zug in die andere Richtung nach Kassel in Bewegung.
Verdacht auf Personen im Gleis: Zug wechselt auf deutlich längere Strecke
Schließlich erreichte der Zug um 21.15 Uhr den Hauptbahnhof. Eigentlich hätte er eine gute Stunde früher in Wilhelmshöhe einfahren sollen, wo Metz ursprünglich aussteigen wollte. Zum Wilhelmshöher Bahnhof sei der Cantus-Zug aber nicht weitergefahren. Auf HNA-Anfrage teilt eine Cantus-Sprecherin mit, dass am Samstagabend auf der Linie RE5 der Verdacht auf eine Person im Gleis bestand.
Daraufhin sei die Strecke, wie in solchen Fällen üblich, zwischen Kassel-Wilhelmshöhe und Guntershausen für Zugfahrten gesperrt worden. Daraufhin habe man sich entschieden, den Cantus-Zug über Eichenberg nach Kassel umzuleiten. Der Triebwagenführer sei darüber informiert worden. In Eichenberg sei aufgrund der Wegstrecke ein Fahrtrichtungswechsel nötig. Um die Verspätungen so gering wie möglich zu halten, habe sich der Mitarbeiter offenbar beeilt, von einer Seite des Zuges auf die andere zu gelangen.

Keine Durchsage im Zug trotz anderer Strecke nach Kassel
Warum der Mitarbeiter die Fahrgäste nicht mittels einer Durchsage über die geänderte Strecke, die deutlich spätere Ankunft in Kassel und den Ausfall der Zwischenhalte informierte, konnte die Cantus-Sprecherin nicht beantworten. Dies müsse erst im Gespräch mit dem Fahrer geklärt werden, sobald dieser wieder im Dienst sei.
Es habe aber sehrwohl Informationen auf den elektronischen Fahrgastanzeigen gegeben. Sowohl an den betroffenen Haltestellen wie im Zug seien die Fahrgäste informiert worden. „Sollten die Informationen im Zug nicht ausreichend gewesen sein, bitten wir unsere Fahrgäste hierfür um Entschuldigung“, so die Cantus-Sprecherin.
Verständnis von Passagier: Fahrgäste sollten nicht ahnungslos gelassen werden
Andere Fahrgäste schilderten inzwischen gegenüber der HNA, dass die Lautsprecheranlage im Zug defekt gewesen sei. Deshalb seien die Durchsagen des Lokführers für kaum jemanden zu vernehmen gewesen. Ein Fahrgast will den Zugführer bereits in Bebra darauf hingewiesen haben. Eine kurze persönliche Ansprache für die ohnehin nur wenigen Fahrgäste habe es aber dennoch nicht gegeben.
Metz hat Verständnis für die Umstände und die Umleitung. In solchen Fälle dürfte man die Fahrgäste aber nicht ahnungslos lassen. Der Kasseler will dennoch wieder in den Zug steigen.
Cantus hat nachträglich mitgeteilt, dass die Technik für die Lautsprecherdurchsagen im Zug inzwischen überprüft worden sei. Diese funktioniere einwandfrei. Der Triebfahrzeugführer habe nach eigener Aussage während der Fahrt Durchsagen gemacht. Die Leitstelle habe ihn zuvor angewiesen, dass in Bebra nur Reisende nach Kassel im Zug bleiben sollten. Alle anderen sollten den 30 Minuten später folgenden Zug der Linie RB5 nehmen. Dieser wäre, je nach Streckensperrung, mindestens bis Melsungen gefahren. Wer nach Kassel-Hauptbahnhof mit dem RE5 weitergefahren sei, habe zudem dort in den wartentenden RB5 nach Fulda steigen können, um so nach Kassel-Wilhelmshöhe zu gelangen. (Bastian Ludwig)
Zuletzt hatte die Bundespolizei am Bahnhof in Kassel mit einem Randalierer zu tun. Über Stunden hielt der 19-Jährige die Beamten auf Trab.