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Aufruf zum Ostermarsch in Kassel löst Unfrieden aus

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Von: Andreas Hermann

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Boris Mijatovic Bundestagsabgeordneter der Grünen
Boris Mijatovic Bundestagsabgeordneter der Grünen © Andreas Fischer

Bundestagsabgeordneter Boris Mijatovic (Grüne) kritisiert Aussagen im Aufruf als „verantwortungslos“. Das Friedensforum weist die Kritik zurück.

Kassel – Der Aufruf für den Kasseler Ostermarsch 2022 ist von den Organisatoren als „Aufbruch für den Frieden“ gedacht. Ausgelöst hat er politischen Unfrieden. Auf die Unterstützung der Kasseler Grünen kann das Friedensforum als Veranstalter jedenfalls nicht zählen. Denn einer ihrer führenden Köpfe, der ehemalige Partei- und Fraktionsvorsitzende Boris Mijatovic, kritisiert den Aufruf scharf. Dieser enthalte „unverständliche, irreführende und sogar verantwortungslose Aussagen“, meint der Bundestagsabgeordnete.

In dem Aufruf, der am Samstag in der HNA erschienen ist, fordert das Friedensforum unter anderem „Abrüstung statt Aufrüstung“ und kritisiert die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. „Das Kasseler Friedensforum verurteilt den Überfall der russischen Regierung auf die Ukraine auf das Schärfste. Es gab einen langen Vorlauf, bei dem es zu verheerenden Fehlern auf beiden Seiten kam“, heißt es weiter. Vergessen sei Gorbatschows Vision vom gemeinsamen Haus Europas und Willy Brandts Grundsatz, „dass die eigene Sicherheit untrennbar mit der Sicherheit des Gegners verbunden ist“. Es sei falsch, nun doch Waffenexporte in die Ukraine zu genehmigen.

Nach Einschätzung von Boris Mijatovic ist die Aggression Russlands gegen die Ukraine durch nichts zu erklären, auch nicht durch „das unangebrachte Verständnis der Sicherheit des Gegners“. Schon gar nicht sei die Verantwortung für das Morden und Belagern von Menschen durch „verheerende Fehler von beiden Seiten“ teilbar.

Kein Wort, so kritisiert der Grüne, verliere der Aufruf zu den eingekesselten Menschen in Kiew, Charkiv und Odessa, zur Belagerung von Mariupol, zu Kriegsverbrechen und zum Massaker von Butscha. „Dieser Aufruf ist derart selektiv und relativierend, dass die Unterstützung schon aus diesen Gründen ausbleiben muss“, sagt das Mitglied im Bundestagsausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Putins Angriffskrieg sei Unrecht und müsse „unsere entschlossene Absage bekommen“, so Mijatovic. „Im Kasseler Friedensforum scheut man offensichtlich die Folgen einer solchen Entschlossenheit.“

Als „nicht angemessen“ weist Rolf Wekeck, der für den Aufruf des Friedensforums verantwortlich zeichnet, die Kritik Mijatovics zurück. Der Aufruf zum Ostermarsch habe, weil durch Spenden finanziert, eine Vorlaufzeit von zwei Monaten. Anfang Februar sei er bereits fertig gewesen, Ende Februar sei er wegen des am 24. Februar begonnenen russischen Überfalls aktualisiert worden. „Zu diesem Zeitpunkt war von Kriegsverbrechen noch gar keine Rede“, betont Wekeck. Daher sei der Vorwurf unfair, dass dies im Aufruf nicht erwähnt werde.

Traditionell richteten sich die Forderungen im Aufruf an die Bundesregierung. „Ich mache das seit 42 Jahren“, sagt der 76-Jährige. Am Rückgriff auf die erfolgreiche Friedenspolitik Gorbatschows und Brandts, wie er im Aufruf zum Ostermarsch am Samstag (Bericht links) formuliert wurde, halte er fest. „Dieser Weg ist der einzig Richtige.“ Unter dem Motto „Stoppt den Krieg! Frieden für ganz Europa! Nein zur Aufrüstung!“ verurteile man den Überfall der russischen Regierung. Trotzdem müsse man noch Fragen stellen dürfen. Etwa, ob der Sieg der Ukraine tatsächlich von deutschen Waffen abhänge. Wekeck: „Das ist doch dummes Zeug.“.

Mit Blick auf den Klimawandel hält das Kasseler Friedensforum ein politisches Umdenken für das Gebot der Stunde. „Denn jeder Euro für einen Panzer und eine Kampfdrohne ist verlorenes Geld, das beim dringend notwendigen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft fehlt.“

Auf zwei Routen durch Kassel

Nach Ankündigung des Friedensforums wird der Ostermarsch am Samstag, 16. April, wieder auf zwei Routen durch Kassel führen.

Die Westroute startet um 10.30 Uhr am Platz der 11 Frauen (Annastraße) und geht weiter zum Obelisken an der Treppenstraße, wo um 11.15 Uhr die Stadtverordnete Stephanie Schury (Linke) und der Schauspieler Rolf Becker sprechen werden. Die Nordroute, die vom Jugendbündnis Ostermarsch organisiert wird, beginnt um 9.45 Uhr vor dem Werktor von Krauss-Maffei-Wegmann (August-Bode-Straße), mit Zwischenhalt am Königsplatz um 10.45 Uhr geht es weiter zum Obelisken.

Am Obelisken schließen sich die Teilnehmer beider Routen zusammen und gehen zum Rathaus. Ab 12 Uhr sprechen dort unter anderem Michael Müller (Bundesvorsitzender Naturfreunde) und Mohamed Wacays (Vorsitzender Ausländerbeirat Kassel).

(Andreas Hermann)

Rolf Wekeck Sprecher des Kasseler Friedensforums
Rolf Wekeck Sprecher des Kasseler Friedensforums © Bettina Wienecke

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