Nach Aus als grüne Senatorin in Berlin: Ulrike Gote ist zurück in Kassel
Ulrike Gote verlor durch das schwarz-rote Bündnis ihren Job als Senatorin in Berlin. Jetzt ist sie zurück in Kassel und sucht eine neue Aufgabe.
Kassel – Sie hat aufregend-turbulente Wochen in Berlin hinter sich, ist erst seit dieser Woche zurück in Kassel. „Jetzt geht es mir wieder gut“, sagt Ulrike Gote bei einem Tee im Restaurant Falada in der Grimmwelt.
Der vergangene Donnerstag markiert für sie den Schlusspunkt. Morgens sei sie mit dem Dienstwagen, der ihr als Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung zustand, noch in das Rote Rathaus gefahren. Nach drei Wahlgängen, die nötig waren, um den Christdemokraten Kai Wegner zum neuen Regierenden Bürgermeister des neuen schwarz-roten Bündnisses zu küren, ist die Grüne nicht nur ihren Dienstwagen, sondern auch ihr Amt losgewesen – mit sofortiger Wirkung.

Grüne Senatorin Ulrike ist zurück in Kassel: „An dem Übergang war nichts normal“
„Mit diesem Donnerstag war alles vorbei“, sagt die 57-Jährige. Nach 16 Monaten Knall auf Fall raus aus Regierung und Amt, ohne Übergangszeit. Es sei nicht mal Zeit gewesen, ihre Amtsgeschäfte der SPD-Nachfolgerin zu übergeben. „An dem Übergang war nichts normal“, berichtet Gote. Bei ihrem Einstieg sei das ähnlich gewesen. Ende 2021 hatte man sie für den Senatorenposten in Berlin angefragt. Gote war da rund zweieinhalb Jahre Dezernentin für Jugend, Frauen, Gesundheit und Bildung in Kassel. Sie sagte zu, ging nach Berlin und durchlebte ein Wechselbad der Gefühle: Erst der Start als Teil der rot-grün-roten Regierung, dann der Beschluss zur Wiederholung der Wahl, dann der Wahlkampf und schließlich das Ende als grüne Senatorin wegen des CDU-SPD-Bündnisses.
Es sei eine ungünstige Zeit gewesen, um ins Arbeiten zu kommen, sagt Gote rückblickend. Es hätte zwei Jahre gebraucht, um die neu zusammengefügten Bereiche Gesundheit und Wissenschaft richtig zum Laufen zu bringen. Zwei Jahre blieben ihr aber nicht. Dennoch habe sie viel erreicht, meint sie. Die grüne Fraktion dankte Gote zum Abschied unter anderem dafür, dass sie Berlin sicher und solide durch die Pandemie manövriert, Hochschulverträge verlängert, Schulgeld in Gesundheitsberufen abgeschafft und das erste Stadteilgesundheitszentrum eröffnet habe.
Ulrike Gote bereut den Wechsel nicht. Wenn man für diese Themen brenne, könne man so eine Anfrage nicht ablehnen. „Ich habe viel gelernt, und ich gehe nicht mit leeren Händen.“ Sie habe in Berlin viele Erfahrungen gesammelt und Begegnungen gehabt, die sie nicht missen wolle. Gote: „Ich würde es wieder so machen.“
Grüne Senatorin Ulrike aus Kassel über die Zeit in Berlin: „Giffey hat narzisstische Neigungen“
Doch es habe in der Hauptstadt auch Enttäuschungen und Verletzungen gegeben. Im Wahlkampf habe der Koalitionspartner SPD gegen sie eine persönliche Kampagne gefahren, die in der Presse geführte Wohnort-Diskussion („Pendler-Senatorin“) aufgewärmt. Ex-Regierungschefin Franziska Giffey habe ihre SPD skrupel- und rücksichtlos auf CDU-Kurs gebracht, die Zusammenarbeit mit Grünen und Linken beendet und sich selbst damit den Stellvertreterposten gesichert. Gote attestiert Giffey „narzisstische Neigungen“.
Was das angeht, sieht die 57-Jährige durchaus Parallelen zwischen Giffey und der SPD in Berlin sowie Christian Geselle und der SPD in Kassel. Mit dem Unterschied, dass es dem OB nicht gelang, die Genossen mehrheitlich auf CDU-Kurs zu bringen. Wäre die aus dem oberfränkischen Bayreuth stammende Grüne übrigens in Kassel geblieben, hätte sie noch bis Mitte 2025 ihr Dezernat sicher. Das aber hat nun seit Juni 2022 Parteifreundin Nicole Maisch inne.
Ulrike Gote sieht Kassel mit dem künftigen grünen Oberbürgermeister Sven Schoeller und der Koalition aus Grünen, CDU und FDP in der Stadtverordnetenversammlung auf einem guten Weg. Wie sie versichert, hat sie noch keine neue Stelle in Aussicht, dafür sei das Ende in Berlin zu schnell gekommen. Sie wolle sich jetzt nach einer neuen Aufgabe umschauen und umhören. Sie sei gut vernetzt, habe in Berlin viele weitere Kontakte knüpfen können.
Grüne Senatorin Ulrike Gote aus Kassel will Wohnung in Berlin behalten
Ihre Wohnung in Köpenick will sie erst einmal behalten. Und dann gibt es ja noch das Haus in Wehlheiden, das sie im letzten Jahr selten gesehen hat. Ihr Mann sei immer zu ihr nach Berlin gekommen. Sollte es nicht gleich mit einer neuen Anstellung klappen, wolle sie sich ehrenamtlich in Kassel engagieren. Bei den Grünen, vielleicht auch anderswo. „Dass Kassel für mich in Zukunft eine Rolle spielen wird, das ist klar“, sagt Ulrike Gote. Ob die Stadt mehr als ihr Hauptwohnsitz sein wird, bleibt abzuwarten. (Andreas Hermann)