Bauchschmerzen ade: Europaweit einzigartiges Behandlungsangebot für Kinder im Klinikum Kassel

Funktionelle Darmbeschwerden bei Kindern und Jugendlichen nehmen immer weiter zu. Am Klinikum Kassel gibt es gegen lang anhaltende Bauchschmerzen nun ein neues diagnostisches Verfahren.
Kassel – Bauchschmerzen treten bei Kindern und Jugendlichen häufig auf und sind meist schnell vorüber. Bleiben sie jedoch länger oder treten wiederkehrend auf, sind sie für die Patientinnen und Patienten sowie ihre Familien eine Belastung. „Die Auslöser können vielfältig sein. Häufig spielen körperliche und psychische Faktoren eine Rolle“, sagt Prof. Dr. Andreas Jenke, Chefarzt der Klinik für Neonatologie und Allgemeine Pädiatrie am Klinikum Kassel. Ein zunehmendes Problem seien auch Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Am Klinikum Kassel gibt es dafür nun ein neues diagnostisches Verfahren: das Cellvizio Laser-Endoskopie-Mikroskop.
Mit diesem Gerät können Ärztinnen und Ärzte in kurzer Zeit die am häufigsten auftretenden Unverträglichkeiten – Soja, Eiweiß, Hefe, Milch, Weizen und Gluten – bei den Kindern und Jugendlichen abklären. „Es ist im Prinzip eine spezielle, etwas komplexere Magenspiegelung, bei der wir die Darmzellen und ihre Reaktion auf bestimmte Nahrungsmittel direkt durch ein Mikroskop beobachten können“, so der Kindergastroenterologe.
Dafür werden während der Untersuchung Nahrungsbestandteile auf die Schleimhaut gesetzt. Je nach vorhandener Unverträglichkeit reagiert der Zellverbund auf die Probe. Diese neue Diagnostikmethode wird für Kinder und Jugendliche europaweit nur in Kassel angeboten. Das Gerät kostet 120 000 Euro. Im Klinikum wurde es zunächst für ein Jahr gemietet.
Durch Spenden mitfinanziert
Der Verein Wandern für Kinder aus Kassel spendete die Anschubfinanzierung von 20.000 Euro. „Jeder weiß, wie belastend Bauchschmerzen sein können, umso mehr, wenn sie Kinder und Jugendliche betreffen. Wir wollen mit unserer Spende einen Beitrag dazu leisten, dass junge Patientinnen und Patienten mit Unverträglichkeiten schneller und genauer eine Antwort darauf erhalten, was ihnen die Bauschmerzen bereitet“, so Ralf Knierim, Präsident des Vereins Wandern für Kinder.
Voraussetzung für die Untersuchung, die am Klinikum für Patientinnen und Patienten von 0 bis 18 Jahre angeboten wird, ist ein vorausgegangener Ausschluss einer Zöliakie und echter Lebensmittelallergien. „Man unterscheidet zwischen der viel selteneren echten Allergie und den häufigeren Unverträglichkeiten“, so Jenke. „Während man Allergien sicher mittels einer Labordiagnostik nachweisen kann, fehlte für die Unverträglichkeiten eine entsprechende Diagnostik.“ Mit dem neuen Gerät habe sich das jetzt endlich geändert.
„Zu wissen, dass man ein bestimmtes Lebensmittel schlecht verträgt, oder eine Unverträglichkeit eben sicher ausschließen kann, ist für die Familien eine große Erleichterung“, so Jenke.
Rund 20 bis 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen leiden an funktionellen Darmbeschwerden. Die Tendenz ist steigend. Andreas Jenke sieht in seinem Arbeitsalltag im Klinikum, dass vor allem Mädchen zwischen 10 und 16 Jahren von den Bauchschmerzen betroffen sind. Mädchen insgesamt seien drei Mal so stark betroffen wie Jungen.
Den Grund für die insgesamt steigende Anzahl an Darmproblemen kann der Chefarzt nur vermuten: „Es gibt ein Artensterben in unserer Darmflora. Die Diversität der Bakterien dort nimmt erheblich ab“, sagt er. Zu beobachten sei dies besonders in Industrienationen wie in Mitteleuropa. „Wir konsumieren mehr Fertigprodukte und viel mehr Zucker. Das ist nicht gesund.“
Infos und Termine gibt es auf der Webseite des Klinikums.