Hund wurde auf der B83 angefahren: Muss Polizei Tier in Klinik bringen?

Kassel. Den Hund hätte sie nicht mehr retten können, auch wenn er früher zu ihr in Praxis gebracht worden wäre, stellt Tierärztin Dr. Barbara Arnholz klar. Über eine Stunde hat es in der Nacht zum Samstag gedauert, bis ein durch einen Unfall schwer verletzter Hund in die Tierklinik an den Umbachsweg nach Bettenhausen gebracht wurde.
An der Unfallstelle hatte es zuvor Irritationen darüber gegeben, wer für den Hund zuständig ist.
Das Tier war mitten in der Nacht auf die Fahrbahn der B83 im Bereich der Nürnberger Straße gesprungen und von zwei Autos angefahren worden. Eine Frau aus Baunatal, die kurze Zeit später an der Unfallstelle anhielt, berichtet von einer Diskussion, die sie mit den Polizisten führte, bevor der Hund endlich in die Tierklinik gebracht worden wäre. Die Polizisten hätten zu ihr und ihrem Mann gesagt, sie selbst könnten den Hund zum Arzt fahren, müssten dann aber auch für die Rechnung aufkommen.
Die Frau rief daraufhin in der Klinik in Bettenhausen an und sprach mit der Tierärztin. Die habe ihr mitgeteilt, dass die Polizei für den Transport des Hundes zuständig sei, wenn der Halter nicht zu ermitteln ist. Dr. Barbara Arnholz bestätigt das gegenüber der HNA. Die Beamten hätten ihr am Telefon gesagt, dass sie befürchteten, selbst für die Behandlung aufkommen zu müssen, wenn sie den Hund ihn in die Klinik bringen. Das sei einem Kollegen schon mal passiert.
Wer den Auftrag für die Behandlung eines Tieres gibt, ist eigentlich auch für die Rechnung zuständig, sagt die Ärztin. Allerdings springe bei verletzten und kranken Haustieren, die in der Stadt Kassel (nicht im Landkreis) gefunden werden, das Tierheim Wau-Mau-Insel ein, sofern die Besitzer nicht ermittelt werden könnten, sagt Arnholz. Anders sei es bei Wildtieren, was die Tierärzte vor große Probleme stelle. Oft würden von Passanten verletzte Igel oder Tauben in die Praxis gebracht. Die Leute seien nach dem Bringen der Tiere aber in der Regel nicht bereit, auch noch die Rechnung zu übernehmen. „Das zahlen wir Ärzte dann zum Teil aus eigener Tasche“, sagt Arnholz, die dringend eine gesetzlichen Regelung fordert. „Für Wildtiere fühlt sich in Deutschland niemand zuständig.“
In dem Fall vom Samstag ist der Besitzer des entlaufenen und an den Unfallfolgen verstorbenen Hundes schließlich ermittelt worden. Nach Angaben von Polizeisprecher Torsten Werner hätten seine Kollegen die Rechnung für das Tier natürlich nicht übernehmen müssen. Irritationen hätte es gegeben, weil in einem früheren Fall ein Polizist eine Rechnung nach Hause geschickt bekommen hatte, nachdem er einen Hund zum Arzt gebracht hatte. Die Rechnung habe der Beamte natürlich nicht selbst zahlen müssen.
Der verletzte Hund wurde in der Nacht zum Samstag schließlich von dem Autofahrer, der ihn angefahren hatte, in die Klinik gebracht. Wenn der Mann dies nicht gemacht hätte, so Werner, wäre natürlich in letzter Konsequenz die Polizei dafür zuständig gewesen.
Hintergrund: 250.000 Euro für Fundtiere
Im Kasseler Tierheim Wau-Mau-Insel werden nach Angaben von Leiter Karsten Plücker im Jahr etwa 800 Fundtiere abgegeben. 95 Prozent der Hunde würden von ihren Besitzern wieder abgeholt, allerdings nur etwa fünf Prozent der Katzen. Würden die Besitzer nicht ermittelt, komme das Tierheim für alle Kosten (Verpflegung, Tierarzt) auf. Die Stadt Kassel zahle jedes Jahr an das Tierheim 250 000 Euro für Fundtiere. Bis 22 Uhr sei das Ordnungsamt der Stadt für gefundene Tiere zuständig, danach springe die Polizei ein.
Von Ulrike Pflüger-Scherb