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Wilhelm Küllmer, Leiter des Polizeireviers Ost, in den Ruhestand verabschiedet

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Von: Ulrike Pflüger-Scherb

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Er war neun Jahre Chef des Polizeireviers Ost an der Leipziger Straße in Bettenhausen: Gestern wurde der Erste Polizeihauptkommissar Wilhelm Küllmer (60) in den Ruhestand verabschiedet. © Schindler

Kassel. Wilhelm Küllmer, Leiter des Polizeireviers Ost, wurde am Donnerstag in den Ruhestand verabschiedet.

Es habe eine Phase gegeben, in der er ernsthaft überlegt habe, den Polizeidienst zu quittieren, sagt Wilhelm Küllmer. Das war in den 1980er-Jahren, als er noch bei der Bereitschaftspolizei in der Friedrich-Ebert-Straße war, und an vielen Wochenenden bei den Demonstrationen an der Startbahn West in Frankfurt eingesetzt war. „Da schlug uns so viel Hass und Gewalt entgegen, so hatte ich mir meinen Beruf nicht vorgestellt“, sagt Küllmer. Er trug bei den Einsätzen zum Glück nur kleine Schrammen davon, zwei Polizisten wurden damals aber auch erschossen.

Vorzüge des Berufs

Wilhelm Küllmer hat dann den Beruf doch nicht gewechselt. Eine gute Entscheidung, sagt er im Nachhinein. Wenn er heute noch mal jung wäre, würde er wieder Polizist werden. „Der Beruf ist sehr interessant. Sie haben mit allen Gesellschaftsgruppen zu tun. Der Ausdruck ,Am Puls der Zeit’ trifft es sehr genau.“ Nichtsdestotrotz kehrt der 60-jährige Erste Polizeihauptkommissar jetzt dem Polizeidienst den Rücken. Am Donnerstag wurde der Leiter des Kasseler Reviers Ost in den Ruhestand verabschiedet.

Als Polizist habe man ja nicht nur mit Straftätern zu tun, sondern im Alltag erlebe man auch schöne Dinge. Bürger, denen man geholfen hat, bedankten sich und man erlebe auch immer wieder Wertschätzung, sagt Küllmer. Das ist auch wichtig.

Gewalt gegen Polizei

Denn auf der anderen Seite berichtet Küllmer von einer „besorgniserregenden Entwicklung“, die richtig spürbar seit dem Jahr 2010 sei. „Jeden Morgen lese ich in den Berichten, wie meine Kollegen wieder verbal oder körperlich angegangen worden sind.“ Bei ganz normalen Einsätzen könnten die Beamten nicht mehr sicher sein, dass diese eskalierten. Offenbar fehle immer Menschen Empathie für Polizisten und andere Rettungskräfte, sagt Küllmer. So habe es zumindest kürzlich ein Kriminologe ausgedrückt. „Es gibt viele Chaoten, die nicht mehr wissen, was sie tun.“

Immer, wenn Rettungskräfte angegriffen würden, forderten Politiker bei Diskussionen härtere Strafen, sagt der Erste Polizeihauptkommissar. Deshalb schaue er sich seit Jahren keine Talkshows mehr an. „Die vorhandenen Gesetze reichen aus, sie müssen nur ausgeschöpft werden“, ist sich Küllmer sicher. Manchmal habe er aber Zweifel, ob Angriffe auf Rettungskräfte angemessen geahndet würden. „Im Vergleich zu Verkehrsdelikten gibt es hier eine falsche Gewichtung“, sagt Küllmer. „Verkehrsdelikte werden härter bestraft als Körperverletzung.“

Höhepunkte

Zu den Höhepunkten seiner über 40 Jahre bei der Polizei bezeichnet Küllmer die Wiedervereinigung und die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Diese friedliche Wiedervereinigung habe doch niemand für möglich gehalten, sagt der 60-Jährige, der in Nähe der innerdeutschen Grenze aufgewachsen ist. Küllmer lebt noch heute in Witzenhausen. Als die Grenze geöffnet wurde, war er für die Verkehrsregelung zwischen Witzenhausen und Heiligenstadt zuständig. „Die ganze Luft war geschwängert von Zwei-Taktern“, sagt Küllmer. So etwas vergisst man nicht.

Bei der WM 2006 sei er mehrere Wochen in Frankfurt eingesetzt worden. „Das war schon klasse“. Küllmer berichtet von Besuchern aus der ganzen Welt. „Kinder saßen damals auf der Motorhaube unseres Funkwagens vor der alten Oper und haben sich mit fotografieren lassen. Holländer lagen sich mit Argentiniern in den Armen. Diese Stimmung war beeidruckend.“

Das Revier Ost

Über eine Sache redet der scheidende Leiter des Polizeireviers Ost nicht gern: Über den Standort an der Leipziger Straße, in dem sich das Revier Ost seit 2011 befindet. Noch bevor die Beamten damals in das Gebäude gezogen waren, hatte es zahlreiche bauliche Pannen gegeben, die sich nach dem Einzug fortsetzen. Juristische Auseinadersetzungen zwischen Vermieter und Land über Jahre waren die Folge. „Diese Situation war für mich und meine Kollegen sehr belastend“, sagt Küllmer.

Hier befindet sich das Polizeirevier Ost:

Zur Person

Wilhelm Küllmer (60) begann nach dem Abitur in Witzenhausen im Jahr 1977 als Polizeianwärter in Kassel. Nach seiner Ausbildung war er viele Jahre bei der Bereitschaftspolizei am Standort Friedrich-Ebert-Straße in Kassel. Später machte er noch das Studium für den gehobenen Dienst. 1993 kam er als Dienstgruppenleiter zum 4. Revier. Weitere Stationen waren ab 1997 die Einsatzzentrale, ab 2000 die Führungsgruppe der Polizeidirektion I. 2002 wechselte er ins 4. Revier, 2006 kam er als Stellvertreter zum Revier Ost, dessen Leitung er im März 2009 übernahm. Küllmer lebt in einem Ortsteil von Witzenhausen. Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Söhne und zwei Enkelkinder im Alter von drei Jahren und sechs Monaten. Mit denen möchte er jetzt mehr Zeit verbringen. Seine Hobbys sind Fußball (Küllmer ist Fan von Gladbach), Wandern und Radfahren.

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