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Brautkleid bleibt bei Brand in Kassel verschont

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Von: Ulrike Pflüger-Scherb

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Der Großbrand in der Kohlenstraße aus 700 Meter Höhe: Aus einem Ultraleichtflugzeug der Flugschule Herkules wurde diese Aufnahme am Mittwochabend um 18.50 Uhr durch eine
Der Großbrand in der Kohlenstraße aus 700 Meter Höhe: Aus einem Ultraleichtflugzeug der Flugschule Herkules wurde diese Aufnahme am Mittwochabend um 18.50 Uhr durch eine Fototür gemacht. © Frank Lampe

Bei dem Brand eines Werkstattgebäudes in Wehlheiden ist am Mittwoch ein Schaden von 500.000 Euro entstanden. Die Brandursache ist noch nicht abschließend geklärt. Nachbarn berichten, dass sie zwei Jungs beobachtet haben, die vor Ausbruch des Brands mit einer Sprühdose gezündelt haben.

Kassel – „Das ist noch alles surreal. Ich kann das noch gar nicht begreifen“, sagt die junge Frau, die am Donnerstagvormittag zusammen mit ihrem Freund Sachen aus der Wohnung räumt. Es handelt sich um die Wohnung, die am Mittwochabend durch den Brand bei der benachbarten Firma Gessner&Sohn an der Kohlenstraße stark beschädigt worden ist. „Das ist hier nicht mehr bewohnbar“, sagt die junge Frau.

Sie ist bei dem ganzen Chaos, das das Feuer hinterlassen hat, nur über eine Sache froh: Ihr Brautkleid ist verschont geblieben. Es liegt bereits bei ihren Eltern in Gummersbach. Dort will das Paar am morgigen Samstag nämlich heiraten.

Nach Feiern ist Martin Gessner, Chef des Heizungs- und Sanitärsbetriebs, nicht zumute. Dass die Werkstattgebäude des Familienunternehmens, das er bereits in vierter Generation führt, am Mittwoch völlig zerstört worden sind, geht dem 59-jährigen Unternehmer sehr nahe. Als kleines Kind hat er mit seinen Eltern in dem Vorderhaus, in dem sich die Büroräume befinden, selbst gewohnt. Viele Erinnerungen hängen an dem Werkstattgebäude aus dem Jahr 1954. Dort hat sich auch das Lager der Firma befunden. Heizungen, Rohre aller Art, Schrauben, Dichtungen, Sanitärartikel, Maschinen und Werkzeuge sind beim Brand zerstört worden. Zum Glück hätten sich keine Fahrzeuge dort befunden. „Die nehmen unsere Monteure immer mit nach Hause“, sagt Gessner, der insgesamt zehn Mitarbeiter hat.

Das Lager sei sehr voll gewesen, sagt Gessner. Da es aktuell wegen Lieferengpässen schwer sei, an Materialien zu kommen, habe er – soweit möglich – Vorräte angeschafft. Wegen der zerstörten Materialien müssten jetzt einige Kunden wohl länger warten, bis die Aufträge abgearbeitet werden könnten.

Er muss sehen, wie es weitergeht: Martin Gessner, Chef des Familienbetriebs an der Kohlenstraße.
Er muss sehen, wie es weitergeht: Martin Gessner, Chef des Familienbetriebs an der Kohlenstraße. © Pflüger-Scherb, Ulrike

Kunden und Freunde hätten sich bereits am Mittwochabend bei ihm gemeldet, nachdem sie von dem Feuer erfahren hätten. Auch am Donnerstag stand das Telefon im Büro an der Kohlenstraße nicht still. Er habe viel Zuspruch erfahren, sagt Gessner. „Mehr können die Leute ja nicht machen.“ Allerdings ist der Unternehmer sehr glücklich über ein Angebot des Betriebs Schmoll aus der Tischbeinstraße. Wenn er will, kann er das Lager mitnutzen.

Gessner ist froh, dass in dem Werkstattgebäude am Mittwochabend nur drei Propangasflaschen, die zum Löten benötigt werden, standen. In früheren Zeiten, wo im Heizungsbau noch viel geschweißt werden musste, hätten sich dort auch Acetylengas- und Sauerstoffflaschen befunden. „Das wäre durchaus gefährlich geworden. Für die Anwohner und die Feuerwehr.“

Wie geht es weiter? Jetzt müsse er erst mal alles mit der Versicherung abklären. Und dann müsse man schauen, wie man die Werkstatt wieder aufbauen könne. Der Familienbetrieb wird auf alle Fälle weitergeführt. Gessners Sohn, der seine Meisterprüfung gemacht hat, will ihn dann in der fünften Generation führen.

Hat er eine Idee, wodurch der Brand verursacht worden sein könnte? Erste Gerüchte habe es bereits am Mittwochabend gegeben, sagt Gessner. Auf dem Flachdach der Werkstatt seien vor Ausbruch des Brandes von Nachbarn zwei Jungen gesehen worden, die dort mit einer Sprühdose gezündelt hätten. Die Jungs würden sich öfter auf dem Gelände herumtreiben, sagt der Unternehmer. Er habe sie bereits mehrfach verjagt. Es sei zu gefährlich, wenn Kinder sich in der Werkstatt aufhielten und spielten.

Zu diesem Gerücht will sich die Polizei aktuell noch nicht äußern. Nach Angaben von Polizeisprecher Matthias Mänz gebe es aber bereits verschiedene Hinweise von Zeugen, denen nachgegangen werde.

Die Brandermittler der Kripo haben am Donnerstag die zerstörte Werkstatt genau unter die Lupe genommen, so Mänz. Die Brandursache sei noch nicht abschließend geklärt. Allerdings ist der Schaden höher als ursprünglich angenommen. Am Mittwochabend hieß es, dass ein Schaden von 300 000 Euro entstanden ist. Mittlerweile gehen die Ermittler von 500 000 Euro aus. (use)

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