„Manche ernähren sich nur von Reis und passierten Tomaten“ – Corona-Folgen für Studenten

Die Corona-Pandemie und damit einhergehenden Veränderungen des Studienalltags setzen Kassels Studenten zu. Sie suchen deutlich häufiger Hilfe als zuvor.
Kassel – Beim Studierendenwerk der Universität Kassel ist der Beratungsbedarf im vergangenen Jahr drastisch gestiegen. Die Nachfrage sei so hoch wie noch nie, sagt Julia Thonfeld, Leiterin der Abteilung Beratung und Studienfinanzierung.
Im zweiten Jahr der Corona-Pandemie habe der Leidensdruck spürbar zugenommen, berichtet das Beratungsteam. Viele Studierende seien durch finanzielle Sorgen, Probleme bei der Jobsuche, Einsamkeit oder Motivationsschwierigkeiten belastet. Auch Zukunftsängste plagten viele Ratsuchende.
Corona im Studienalltag: Psychische Probleme und finanzielle Sorgen nehmen zu
So fanden in der Sozialberatung, die Studierenden unter anderem in finanziellen Fragen zur Seite steht, im zurückliegenden Jahr mehr als 2330 Einzelberatungen statt. Das ist ein 50-prozentiger Anstieg gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019. Auch in der psychologischen Beratungsstelle gab es mit 620 Neuanmeldungen bei insgesamt 2280 Einzelgesprächen einen deutlich gewachsenen Bedarf.
Nicht alle Probleme und Belastungen, um die es gehe, seien neu, sagt Psychologin Petra Hoffmann. Die Aufnahme eines Studiums, die Ablösung vom Elternhaus und das Erwachsenwerden seien ohnehin schon eine Herausforderung. „Und da kommt die Pandemie noch obendrauf.“ Auch junge Leute, die eigentlich seelisch stabil und gut organisiert seien, kämen zunehmend an ihre Grenzen.

Studierende plagen existenzielle Nöte: „Manche ernähren sich nur von Reis und passierten Tomaten“
Mitunter seien psychische Probleme auch Folge existenzieller Nöte. Es gebe Studierende, die nicht mehr wüssten, wie sie Miet- und Heizkosten oder die Krankenversicherung bezahlen sollen, weiß Concetta Mugavero von der Sozialberatung. Einige hätten sich in der Pandemie verschuldet. „Manche ernähren sich nur von Reis und passierten Tomaten.“
Entsprechend ist auch der Bedarf nach Unterstützung aus dem Notfonds des Kasseler Studierendenwerks explodiert – insbesondere seit dem Auslaufen der Corona-Überbrückungshilfe des Bundes im September. 42.000 Euro aus dem Kasseler Fonds wurden im vergangenen Jahr ausgezahlt, um existenzielle Not von Studierenden zu lindern.
Die Universität Kassel wurde 1971 gegründet und feierte deshalb im vergangenen Jahr ihren 50. Geburtstag. Da wegen der Corona-Pandemie eine große Feier ausfallen musste, wurde sie auf den Sommer 2022 verlegt. (Katja Rudolph)