Omas gegen Rechts
Querdenkerin „Jana aus Kassel“: Empörung über Sophie-Scholl-Vergleich geht weiter
Die Empörung ist weiter groß: Auch eineinhalb Wochen nach ihrem Auftritt bei einer Querdenker-Demo in Hannover ist „Jana aus Kassel“ weiter Gesprächsthema.
- „Jana aus Kassel“ empört weiter die Gemüter.
- Die junge Frau hatte sich auf einer Querdenker-Demo mit Sophie Scholl verglichen.
- Die Omas gegen Rechts aus Kassel wollen mit ihr jetzt über die NS-Diktatur sprechen.
Kassel - Die 22-jährige Jana aus Kassel hatte sich während einer Querdenker-Demo in Hannover auf einer Bühne am Opernhaus mit Sophie Scholl verglichen und dies sogar wiederholt, nachdem ein offensichtlich aus der linken Szene stammender Ordner ihr Holocaust-Verharmlosung vorgeworfen hatte. Nun melden sich die Omas gegen Rechts mit einem Gesprächsangebot zu Wort.
Omas gegen Rechts heißt die Initiative, die 2017 in Wien von Seniorinnen aus Protest gegen die rechte österreichische Regierung gegründet wurde. Längst gibt es auch in Deutschland etwa 100 Ortsgruppen – eine davon in Kassel.
Omas gegen Rechts wollen mit „Jana aus Kassel“ über die NS-Diktatur sprechen
Deren Mitglieder haben einen offenen Brief geschrieben, in dem sie Janas Vergleich als „falsch und dumm“ kritisieren, ihr aber ein Gespräch anbieten: „Wir würden gerne mit dir reden über unsere Erfahrungen in diesem Land, auch darüber, was die nationalsozialistische Diktatur wirklich war, welches Lebensrisiko Sophie Scholl auf sich nahm und was die Aufgabe einer demokratisch gewählten Regierung ist.“
„Jana aus Kassel“ sorgt für Empörung bei „Omas gegen Rechts“
Die Omas schreiben, dass auch sie nicht immer mit den Entscheidungen der Bundesregierung einverstanden sind – etwa wenn es um den Umgang mit Flüchtlingen oder den Kampf gegen die Klimakrise geht. Man könne auch darüber diskutieren, ob die Briten oder Schweden bei der Bekämpfung der Pandemie nicht den besseren Weg gewählt hätten.
Trotzdem „schätzen wir diesen Staat mit seiner parlamentarischen Demokratie sehr. Und wir wünschen auch dir, dass du dein hoffentlich ganzes Leben lang in dieser freiheitlichen, parlamentarischen Demokratie leben kannst.“ Die Omas hoffen nun, dass Jana ihnen unter omas-gegen-rechts-kassel@posteo.de schreibt.
Wir haben gerade eine ganze Reihe Projekte für politische Bildung mit einem Volumen von 225.000 € an den Start gebracht. @StadtKassel kann mehr als #janaauskassel
— Ulrike Gote (@UlrikeGote) November 22, 2020
Jana aus Kassel: Musical von Jan Böhmermann
Als 2013 der NSU-Prozess begann, machte Jan Böhmermann mit einem Beate-Zschäpe-Musical Schlagzeilen. Nun brachte der Satiriker in seinem „ZDF Magazin Royale“ Jana aus Kassel und Sophie Scholl auf die Bühne. Eine Musical-Darstellerin singt im Jana-Outfit: „Ich bin aus Kassel hierher gefahren / um euch vor der Diktatur zu warnen / trotz Stop-and-go-Verkehr auf der A 7.“ Und: „In meinem Geschichte-Grundkurs hatte ich immer ne 4+ /geknechtet wie die Weiße Rose, weil ich in Kassel wohnen muss.“ Dann erklärt eine Sophie Scholl in Schwarz-weiß-Optik: „Sie riskiert ihr Leben /Unser Schicksal ist’s, was uns vereint.“ Allein bei Youtube wurde der Clip fast 600.000 Mal abgerufen.
„Jana aus Kassel“ sorgt weiter für Empörung
Die ZDF-Satiriker der „heute-show“ ließen Freiheitskämpfer wie Martin Luther King und Tom Cruise als Claus von Stauffenberg den Mut von Jana aus Kassel loben. Moderator Oliver Welke sagte, „das Mädchen“ sei kein Einzelfall, ehe er zu einem Beitrag über „erwachsene Querdenker“ überleitete – als sei eine 22-Jährige noch keine erwachsene Frau.
Ungewöhnlich ist auch der offene Brief, den Schüler des Sophie-Scholl-Berufskollegs in Duisburg-Marxloh schrieben. Darin fragen sie Jana: „Fühlst du dich wirklich wie Sophie Scholl?“ (Matthias Lohr)
Ein Mann aus Kassel hat die NS-Diktatur hautnah miterlebt. Er findet NS-Vergleiche, wie den von „Jana aus Kassel“, unerträglich. Die Frau aus Kassel hat allerdings auch Befürworter: Die Teilnehmenden einer Auto-Demo verteidigten Jana aus Kassel. (Matthias Lohr)
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