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„Mit ihm spürte ich Leben, Liebe, Freiheit“: Bill Kaulitz und andere Stars würdigen Mode-Blogger Haupt

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Von: Matthias Lohr

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Starb am 19. April 2019 an Krebs: Der aus Nordhessen stammende Mode-Blogger Carl Jakob Haupt (hier ein Jahr zuvor bei einer Modenschau in Berlin) wird nun mit einem Buch geehrt.
Starb am 19. April 2019 an Krebs: Der aus Nordhessen stammende Mode-Blogger Carl Jakob Haupt (hier ein Jahr zuvor bei einer Modenschau in Berlin) wird nun mit einem Buch geehrt. © Britta Pedersen/ZB/dpa/Privat/nh

Carl Jakob Haupt war Mode-Blogger, Party-Veranstalter und noch viel mehr. Nun würdigt ein ungewöhnliches Buch das schillernde Leben des 2019 gestorbenen Nordhessen.

Berlin/Kassel – Vor einigen Jahren wurde „Bild“-Reporter Paul Ronzheimer wie so oft von Carl Jakob Haupt überrascht. Der Journalist war gerade aus Syrien zurückgekehrt und hatte eine Fahne des Islamischen Staats (IS) mitgebracht, um sie einem Museum zu übergeben. Sein Kumpel, der in Nordhessen aufgewachsene Mode-Blogger, packte die IS-Flagge dann in einer Münchner Schwulen-Bar aus. Bis in den frühen Morgen wurde dort über den Hass auf Homosexuelle diskutiert und wie man ihn bekämpft.

Ronzheimer erzählt die Geschichte in einem ungewöhnlichen Buch zu Ehren Carl Jakob Haupts, das heute in Berlin vorgestellt wird. Der Star-Reporter schreibt: „Das war Jakob. Ein Mann, der provozierte, aber eben genau dadurch gesellschaftliche Debatten anstoßen konnte.“

Der Pfarrerssohn, der in Schöneberg bei Hofgeismar, Kassel und Willingen aufwuchs, hat bei vielen Eindruck hinterlassen. Mit seinem aus Grebenstein stammenden Freund David Roth betrieb er nach dem Politikstudium den Modeblog „Dandy Diary“, in dem es immer auch um das große Ganze ging. Das Duo organisierte legendäre Partys auf der Berliner Fashion Week und etliche andere Aktionen. Als die beiden einen veganen Imbiss in Neukölln eröffneten, berichtete selbst die „Washington Post“. Am Karfreitag 2019 starb Haupt mit nur 34 Jahren an Krebs.

Heirateten 2018: Carl Jakob Haupt mit seiner Frau, dem Model Giannina Haupt.
Heirateten 2018: Carl Jakob Haupt mit seiner Frau, dem Model Giannina Haupt. © Privat

Das Buch „Was (wirklich) gewesen ist“ enthält Tagebucheinträge und Blog-Texte von Haupt. Es geht um das Leben an sich und am Ende auch um den Tod. Einige Texte wurden bereits in der „Literarischen Welt“ veröffentlicht. Zudem kommen prominente Freunde zu Wort. So schreibt Tokio-Hotel-Sänger Bill Kaulitz: „Wann immer wir uns sahen, spürte ich Leben, Liebe, Freiheit, ALLES – und daran werd ich mich ewig erinnern. Mit Jakob konnte ich frei sein.“

Wäre das Leben von Carl Jakob Haupt eine Netflix-Serie gewesen, hätte man alle Folgen in einem durchgucken wollen, von Cliffhanger zu Cliffhanger. Von ihm stammt der Satz: „Das Schlimmste ist zu langweilen.“ Tatsächlich wurde es mit ihm nie langweilig. Einmal drehten die „Dandy Diary“-Macher einen Modeporno, dann veröffentlichten sie einen Stadtplan für Berlin-Touristen, in dem die Treffpunkte arabischer Gangster verzeichnet waren.

Ebenfalls abgedruckt ist ein Gespräch mit seinem Vater, dem Pfarrer Jens Haupt. Der lobt seinen Sohn, weil er sehr gut beschreiben konnte: „mit Witz, Ironie und gründlicher Beobachtung“.

Das erkennt man etwa in einem Text, in dem Haupt von einem Besuch in Frankfurt erzählt, bei dem sich die Stadt von ihrer besten Seite gezeigt habe. Die Sonne schien, Tausende Menschen in Businessanzügen kamen ihm entgegen: „Wir sahen, dass hier Geld war.“ In Kassel, wo er mit Roth die ehemalige Tofu-Fabrik in der Wolfhager Straße besichtigte, in der sie zur documenta 14 eine Party veranstalteten, lief dagegen „niemand mit einem Anzug rum“. Und nach einem Abstecher nach Willingen, wo er ebenfalls einen Teil seiner Kindheit verbrachte, notiert er nüchtern: „Zwei Nächte waren genug und vielleicht reicht das jetzt auch fürs Leben.“

Der Verkaufserlös des auf 300 Exemplare limitierten Buchs soll der „Carl Jakob Haupt Stiftung“ zugutekommen, mit der seine Frau, das Model Giannina Haupt, Krebspatienten und deren Angehörige unterstützt.

„Bild“-Reporter Ronzheimer vermisst heute vor allem die Gespräche mit seinem Freund, der schon 2014 voraussagte, dass sich Putin die ganze Ukraine holen werde. Mit Jakob, schreibt der Journalist, hätte er heute „Tage und Nächte durch diskutiert und am Ende ganz sicher eine Lösung gehabt. Für alles.“ (Matthias Lohr)

Das Buch: „Was (wirklich) gewesen ist“ (384 Seiten, 28,99 Euro) gibt es über carljakobhaupt.com

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