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Feuer + Flamme war der etwas andere Heizungsbetrieb - nun ist Schluss

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Von: Matthias Lohr

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Sie waren Feuer + Flamme: (hinten von links) die Gesellschafter Wolfgang Riege und Jörg Suhrhoff sowie der langjährige Mitarbeiter Lothar Schmidt und (vorn) die Gesellschafter Frank Semler und Elke Nörthemann.
Sie waren Feuer + Flamme: (hinten von links) die Gesellschafter Wolfgang Riege und Jörg Suhrhoff sowie der langjährige Mitarbeiter Lothar Schmidt und (vorn) die Gesellschafter Frank Semler und Elke Nörthemann. © Wolfgang Fricke

Heizungs- und Sanitärbetriebe haben so viel zu tun wie vielleicht noch nie. Trotz der großen Nachfrage stellt Feuer + Flamme seinen Betrieb ein. Ein Grund ist der Fachkräftemangel.

Kassel – Wenn Elke Nörthemann früher am Telefon den Namen ihrer Firma nannte, hörte sie am anderen Ende der Leitung meist ein Lachen. Anfang der 90er-Jahre hatten Heizungs- und Sanitärbetriebe oft ein „Tech“ im Namen. Es geht ja um Technik. Nörthemann meldete sich jedoch mit Feuer + Flamme. Das war originell und doppeldeutig, denn „bei uns war jeder Feuer und Flamme“, wie die 66-Jährige sagt.

Würde es nicht so blöd klingen, müsste man nun schreiben: Das Feuer im Betrieb ist für immer erloschen. Nach mehr als 30 Jahren haben Nörthemann und die drei anderen Gesellschafter die Firma in Niederzwehren aus Altersgründen aufgelöst. Nicht nur der Name machte deutlich, dass man sich bei Feuer + Flamme immer als der etwas andere Betrieb sah. „Anderswo gibt es einen Chef und Angestellte“, sagt Nörthemann: „Wir waren dagegen ein Kollektiv, in dem sich jeder eigenverantwortlich einbringt und man sich gegenseitig unterstützt. Das war unsere Philosophie.“ Was der Filmladen für die heimische Kinolandschaft ist, war Feuer + Flamme für das Handwerk.

Das Ende der ungewöhnlichen Firma erzählt auch etwas über die Branche. Seit Jahren suchte man vergeblich einen Nachfolger. Die Arbeit wurde immer mehr, weil die Nachfrage groß ist. Doch es fehlen Fachkräfte. Dazu kommt seit Corona und nun auch durch den Ukraine-Krieg die Materialknappheit. „Wir dachten, das müssen wir uns nicht mehr antun“, sagt Nörthemann.

Laut Schätzungen fehlen bundesweit 60 000 Fachkräfte. Uwe Loth, Obermeister der Fachinnung Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Kassel, glaubt sogar, dass es 100 000 sein könnten: „Einen arbeitslosen Monteur, der gut ist, gibt es in ganz Deutschland nicht.“ Die Branche bemüht sich, dass der Beruf attraktiver wird. So steigen etwa die Ausbildungszahlen.

Das reicht jedoch nicht, da die Nachfrage in allen Bereichen riesig ist. Für barrierefreies Wohnen auch im Bad, eine bessere Luftqualität bei der Klimatechnik und effizientere Heizungen interessieren sich immer mehr Menschen. „Ohne unser Handwerk wird die Energiewende nicht funktionieren“, sagt Loth.

Bei Feuer + Flamme hatte man sich schon früh auf ökologische Heiztechniken konzentriert – erst in der Frankfurter Straße in Höhe von Edeka Aschoff, ab 2002 in der Nähe des Dez. Auch Nörthemann war eine Vorreiterin. Als sie 2000 ihre Meisterausbildung absolvierte, war sie die einzige Frau. In der Meisterschule musste sie sich Sprüche anhören wie: „Wir sind hier nicht im Frauenhilfswerk.“

Heute werden von 485 nordhessischen Betrieben des Installateur- und Heizungsbauer-Handwerks gut 30 von Frauen geleitet oder mitgeleitet, wie es bei der Handwerkskammer heißt. „Immer mehr Betriebsinhaber sehen auch in ihren Töchtern die geeignete Nachfolgerin“, erklärt eine Sprecherin.

Nörthemann wird noch erreichbar sein bei Feuer + Flamme. Alte Aufträge müssen noch abgearbeitet werden. Mit vielen Kunden ist der Kontakt sehr persönlich geworden: „Die Leute haben uns sogar den Schlüssel gegeben.“

Sie wird jetzt mehr Zeit für ein anderes Handwerk haben, das Malen. Trotzdem blickt sie wehmütig zurück: „Wie wir hier gearbeitet haben, war genau das, was ich immer machen wollte.“ (Matthias Lohr)

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