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Doppelte Staatsbürgerschaft: Darum hofft eine Amerikanerin aus Kassel auf den zweiten Pass

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Von: Matthias Lohr

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Seit Jahren hofft die US-Amerikanerin Cora Ludwig aus Kassel auf die doppelte Staatsbürgerschaft. Die Ampelkoalition will das Einbürgerungsrecht reformieren. Doch es gibt Widerstand.

Kassel – Cora Ludwig hat einen Wunsch, der vielleicht bald erfüllt wird. Die US-Amerikanerin lebt seit 1978 in Deutschland. Das ist längst „meine Heimat und mein gelobtes Land“ geworden, sagt die 83-Jährige. Gern hätte sie endlich auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Aber dafür müsste sie ihren US-Pass abgeben. Und das möchte sie nicht, weil sie eben auch Amerikanerin ist. Immer wieder fliegt sie in ihr Geburtsland, um ihre Geschwister zu besuchen.

Womöglich könnte ihr Wunsch bald Wirklichkeit werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will das Staatsbürgerschaftsrecht reformieren. Menschen sollen früher eingebürgert werden können, um ihnen zu zeigen, dass sie dazu gehören. Und auch die doppelte Staatsbürgerschaft soll erleichtert werden.

Seitdem die Ampelkoalition die Pläne vorgestellt hat, werden jedoch wieder alte Debatten geführt. Vor allem CDU-Politiker wie Friedrich Merz warnen davor, dass der deutsche Pass „verramscht“ würde. Zudem heißt es: Wer in Deutschland seine Heimat gefunden hat, kann den anderen Pass doch einfach abgeben. Aber so einfach ist das nicht, wie Ludwig sagt: „Das Thema regt mich auf.“

Doppelte Staatsbürgerschaft: „Cora Ludwig ist die aktivste Amerikanerin in und um Kassel“

Ihre Biografie ist ein gutes Beispiel dafür, dass Menschen eben mehr als eine Heimat haben können. Die Frau aus Dayton im US-Bundesstaat Ohio studierte Wirtschaft an der Ohio State University, verbrachte ein Austauschprogramm in Bonn und lernte ihren Mann, den Wissenschaftler Peter Ludwig, kennen. Das Paar lebte erst in den USA, bekam Kinder und zog schließlich nach Nordhessen, wo Peter Ludwig ab 1975 an der neu gegründeten Universität Professor für physikalische Chemie wurde.

Von Zierenberg aus, wo die Familie ein Haus fand, kümmerte sich Cora Ludwig um die deutsch-amerikanische Freundschaft. Sie unterrichtete Englisch an der dortigen Gesamtschule, am Kasseler Friedrichsgymnasium und an der Volkshochschule. Sie engagierte sich im Internationalen Frauenclub, gründete dort einen englischen Lesekreis mit Teilnehmern aus acht Nationen sowie eine Familiengruppe, in der zweisprachig aufwachsende Kinder betreut wurden.

2007 erhielt sie dafür die „Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“, auf die sie heute noch stolz ist. Bei der Überreichung der Auszeichnung sagte die damalige Staatssekretärin im hessischen Innenministerium, Oda Scheibelhuber: „Cora Ludwig ist die aktivste Amerikanerin in und um Kassel.“

Ihr Mann starb vor zwei Jahren. Seit wenigen Wochen lebt die Witwe in der Seniorenresidenz Mundus in Wilhelmshöhe. Auch hier will sie sich engagieren. Und sie hofft endlich auf die doppelte Staatsbürgerschaft.

Lebt seit 1978 in Deutschland: Die US-Amerikanerin Cora Ludwig (83) trägt mit Stolz die „Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ und will auf ihren US-Pass nicht verzichten.
Lebt seit 1978 in Deutschland: Die US-Amerikanerin Cora Ludwig (83) trägt mit Stolz die „Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ und will auf ihren US-Pass nicht verzichten. © Matthias Lohr

Kassel: Bundesinnenministerin Faeser will den Doppelpass möglich machen

Für viele gibt es die bereits. Etwa 60 Prozent der Eingebürgerten in Deutschland dürfen ihre alte Staatsangehörigkeit behalten – vor allem EU-Bürger, aber auch Menschen aus Ländern wie Marokko oder Afghanistan, wo man einfach nicht aus der Staatsbürgerschaft entlassen wird. Dazu kommen Kinder von binationalen Eltern. So werden in Kassel laut der Stadt derzeit 23 894 Einwohner mit der deutschen und einer weiteren Staatsbürgerschaft gezählt. Das sind immerhin 11,5 Prozent.

Auch Rabani Alekuzei findet die Reform „überfällig“, wie er sagt. Der Kasseler SPD-Stadtverordnete, der aus Afghanistan stammt, erinnert sich noch gut an den hessischen Landtagswahlkampf 1999, als CDU-Spitzenkandidat Roland Koch mit einer Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft Stimmung machte. Die Leute seien damals zu CDU-Ständen gekommen und hätten gefragt, wo sie gegen Ausländer unterschreiben können, sagt Alekuzei. So schaffte es der Außenseiter Koch, gegen SPD-Ministerpräsident Hans Eichel zu gewinnen.

Nun will Eichels Parteikollegin Faeser den Doppelpass möglich machen. Cora Ludwig freut sich schon und kündigt an: „Wenn ich den deutschen Pass habe, mach ich eine Party.“ (Matthias Lohr)

Eine weitere Kasseler Integrationsgeschichte: Feras Rashid floh aus Syrien und hat jetzt den deutschen Pass.

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