Der Friedrichsplatz ist der Star: Kasseler Plätze in der Bewertung

Kassels Innenstadt verändert sich vom reinen Einkaufsort zum facettenreichen Zentrum städtischen Lebens. In unserer Serie blicken wir heute auf die größeren Plätze.
Kassel – Zu einer attraktiven Innenstadt gehören Plätze, auf denen etwas los ist, auf denen man sich treffen kann und die zum Verweilen zum Beispiel in einem Café einladen. Wie sieht es in Kassel damit aus, wo gibt es noch Luft nach oben? Wir haben uns umgeschaut und mit einer Fachfrau gesprochen. Barbara Ettinger-Brinckmann war acht Jahre lang Präsidentin der Bundesarchitektenkammer. Sie lebt seit 1975 in Kassel, hat die Stadt schätzen gelernt und kennt die innerstädtischen Plätze mit ihren Stärken und Schwächen. Gemeinsam haben wir Punkte vergeben. Von 1 (ganz mies) bis zur (nicht erreichten) Höchstzahl 10.
Friedrichsplatz
Die Vorlage für Barbara Ettinger-Brinckmann: Nach dem Umbau der Königsstraße hat der Platz noch einmal gewonnen. Jetzt sind sogar die Lichtstelen montiert, für die es monatelang Lieferschwierigkeiten gab. Das wirkt insgesamt doch sehr gelungen, oder?
„Ich kenne bundesweit keinen vergleichbaren Platz, der so als Balkon in die Landschaft funktioniert“, sagt die Architektin. Die zurückhaltende Gestaltung und die Großzügigkeit seien Pluspunkte. Auch die „lässigen roten Bänke“ gefallen ihr. Unter anderem deshalb, weil man die verstellen darf. Das ergebe sympathische Freiräume. Von den einheitlichen Sonnenschirmen bis zur Beleuchtung sei der Friedrichsplatz die Nummer 1 unter Kassels Plätzen. Aber auch hier sieht sie Verbesserungsmöglichkeiten. Frankfurter Straße und Steinweg würden ihrer Einschätzung nach auch mit weniger Fläche funktionieren. Und die Haltestelle für die Straßenbahn mit den hohen Bordsteinen sei ebenso wie auf dem Königsplatz zu zentral und damit als Laufhindernis platziert. Punktzahl: 9
Königsplatz
Die Vorlage: Der Platanenring ist wirklich gelungen, die gerade sanierten Wasserspeier Geschmackssache und der Belag ein Flickenteppich. „Stimmt alles, bei der Umgestaltung der Königsstraße wurde eine Riesenchance vertan“, sagt Ettinger-Brinckmann. Ein einheitlicher Belag hätte ihrer Einschätzung nach den Königsplatz deutlich aufgewertet. Angesichts der zunehmenden Erwärmung seien die Wasserspeier ein wichtiges Element. Sie habe Respekt vor der Auswahl nach einem Wettbewerb. Ein Fan ist sie allerdings nicht. „Aber die Kinder haben ihren Spaß.“ Unabhängig von der Platzgestaltung spiele auch das Umfeld eine Rolle. Das bilde einen Rahmen, nur so könne ein Platz wirken. Die sehr unterschiedliche Gestaltung der Häuser im Rund sei problematisch. Punktzahl: 6
Florentiner Platz
Die Vorlage: Eine angenehme Ruhezone jenseits der Königsstraße. Der Standort für das documenta-Kunstwerk wurde mit Bänken und Bäumen angemessen hergerichtet.
„Ich kann die Bedenken des Denkmalschutzes gegen den Standort an der Treppenstraße verstehen“, sagt Ettinger-Brinckmann. Eigentlich solle die Treppenstraße beim Gang in die Innenstadt einen freien Blick Richtung Friedrichsplatz bieten. Dennoch funktioniere die Gestaltung am Standort für den Obelisken. Sie erinnert daran, dass der Florentiner Platz gleich nebenan früher eine Hinterhofparkfläche war. Schäbig und ungepflegt habe das ausgesehen. Nicht zu vergleichen mit der heutigen Gestaltung. Punktzahl 7
Karlsplatz
Die Vorlage: Die einzigen Flächen am Karlsplatz, die zum Verweilen einladen, sind der Außenbereich vom Café Nenninger und der Sockel des Denkmals für Landgraf Karl, auf dem man recht gut sitzen kann.
„Dieses Areal sollte dringend bebaut werden“, sagt die Architektin. Und zwar nicht unbedingt mit einem großen Gebäude wie dem dort gescheiterten documenta-Institut. Sondern eher in Parzellen mit öffentlich nutzbaren Bereichen im Erdgeschoss. In der Bebauung bis zum Krieg habe es übrigens nur einen Platz im Bereich der Karlskirche bis ungefähr zum Denkmal gegeben. Durch die nahezu komplette Nutzung als Parkplatz werde das Potenzial weitestgehend verschenkt. Punktzahl 1
Brüder-Grimm-Platz
Die Vorlage: Heute wird der Platz durch den Verkehr dominiert. Da ist noch viel Luft nach oben. Der preisgekrönte Entwurf für die Neugestaltung ist umstritten.
„Mal abwarten, was daraus wird“, sagt Ettinger-Brinckmann. Das Büro, das den Wettbewerb gewonnen hat, habe jedenfalls ausgezeichnete Referenzen. Sollte ein Märchenwald mit Kiefern entstehen, dürften die nicht allzu hoch werden.
Noch ohne Bewertung
(Thomas Siemon)



