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Film über die A 49: Der Kampf der Waldbesetzer geht weiter

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Von: Matthias Lohr

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Premiere im Bali: Die Regisseure Frank Pfeiffer (links) und Klaus Stern mit Lola Löwenzahn, der Pressesprecherin der Waldbesetzer im Dannenröder Forst, die eine der Protagonistinnen des Films ist.
Premiere im Bali: Die Regisseure Frank Pfeiffer (links) und Klaus Stern mit Lola Löwenzahn, der Pressesprecherin der Waldbesetzer im Dannenröder Forst, die eine der Protagonistinnen des Films ist. © Dieter Schachtschneider

Seit Jahrzehnten wird über die A 49 in der Region gestritten. Grimme-Preisträger Klaus Stern hat eine sehenswerte Doku über das Projekt gemacht - mit überraschenden Erkenntnissen.

Kassel – Klaus Stern hätte auch einen ganz anderen Film über die A 49 machen können. Der Kasseler Filmemacher stammt aus Schwalmstadt-Wiera, wo die umstrittene Autobahn vorbeilaufen wird. Stern ist ein Gegner des Projekts. Jeder 25. Baum, der bei Wiera gefällt werden musste, gehört seiner Familie.

Der 53-Jährige hätte die Geschichte also auch aus seiner Perspektive erzählen können, doch in „Die Autobahn – Kampf um die A 49“ taucht er selbst nicht auf. Es wäre ihm „zu billig gewesen“, wenn er „mit erhobener Faust in Richtung Sonnenuntergang“ geritten wäre, wie er am Sonntag bei der Kassel-Premiere im Bali-Kino sagte.

Es wäre dann auch kein Klaus-Stern-Film geworden. Mit Co-Regisseur Frank Pfeiffer zeigt er die Waldbesetzer des Dannenröder Forsts, Polizisten, Wieraer, die sich wegen täglich Tausender Fahrzeuge im Dorf von der A 49 Entlastung erhoffen, und Politiker wie Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer. Auch ohne eigenen Kommentar wird deutlich, wie Stern über das Projekt denkt, aber ein Urteil muss sich jeder Zuschauer selbst bilden.

Das Bali ist so etwas wie das Wohnzimmer des Grimme-Preisträgers. 1999 wurde hier zum ersten Mal eine Stern-Doku gezeigt. Oft hat sich der Filmemacher mit nordhessischem Größenwahn beschäftigt wie beim Publikums-Hit über den Unternehmer Mehmet Göker. Auch die WDR-Co-Produktion „Die Autobahn“, die bereits beim Münchner Dokfest lief, könnte viele Besucher anlocken. Für zahlreiche Menschen steht das jahrzehntelange Projekt für eine Verkehrspolitik von vorgestern. Trotzdem sind in Wiera geschätzt 80 Prozent dafür, wie ein Ortsbeiratsmitglied im Film sagt.

Im Bali, das mit 156 Gästen zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren richtig voll war, wie Kino-Betreiber Gerhard Wissner sagte, meldeten sich bei der Diskussion im Anschluss hingegen nur Autobahngegner zu Wort. Unter ihnen war Lola Löwenzahn, einst Pressesprecherin der Waldbesetzer im „Danni“. Im Film, dessen Dramaturgie so spannend ist wie ein Krimi, sieht man sie am Ende weinen, als reihenweise alte Bäume fallen.

Auf der Bühne sagte Löwenzahn, die eigentlich anders heißt: „Ich würde den Film nicht so traurig enden lassen.“ Ihre Mitstreiter kämpfen längst anderswo gegen neue Autobahnen. Sie hofft, dass sie erfolgreicher sein werden als im „Danni“.

Von seinem Sohn Lorenz (13) wurde Stern schließlich gefragt, ob er die A 49 denn befahren werde, wenn sie im Sommer bis Schwalmstadt freigegeben wird. Der Oldtimer-Fan hat sich noch nicht entschieden. Er denke über einen Boykott nach, aber: „Ich glaube, ich bin da schwach.“ (Matthias Lohr)

„Die Autobahn – Kampf um die A 49“ läuft täglich im großen Bali. Bis Mittwoch jeweils 18 Uhr, ab Donnerstag um 20 Uhr. Freitag ist Klaus Stern zu Gast.

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