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„Die Uni Kassel vibriert“: Andreas Braun baut neues Nachhaltigkeitszentrum mit auf

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Von: Katja Rudolph

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Fühlt sich wohl in Kassel: Prof. Dr. Andreas Braun – hier auf einer Brücke über die Ahna am Campus Holländischer Platz – wird dem Direktorium des Kassel Institute for Sustainability angehören.
Fühlt sich wohl in Kassel: Prof. Dr. Andreas Braun – hier auf einer Brücke über die Ahna am Campus Holländischer Platz – wird dem Direktorium des Kassel Institute for Sustainability angehören. © Andreas Fischer

Der Geoökologe Prof. Dr. Andreas Braun baut das neue Nachhaltigkeitszentrum der Hochschule mit auf

Kassel – Eine E-Gitarre steht in Andreas Brauns neuem Büro in der Ecke. Wenn es abends zu spät ist, um zuhause noch Musik zu machen, greift der 40-Jährige in dem Büro- und Geschäftshaus am Holländischen Platz in die Saiten, in dem das Nachhaltigkeitszentrum der Universität Kassel vorerst seine Basis hat.

Braun hat im November eine der vier Kernprofessuren des „Kassel Institute for Sustainability“ angetreten, in dem künftig zu Themen entlang der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen geforscht wird. Nicht nur am mitunter späten Feierabend, auch im Gespräch merkt man schnell: Der Geoökologe, der zuvor eine Juniorprofessur am Karlsruher Institut für Technologie und damit einer der deutschen Exzellenzunis hatte, brennt für seine neue Aufgabe in Kassel. „Das ist mein absoluter Traumjob“, sagt Braun. Neben dem Aufbau der interdisziplinären Forschungseinrichtung zählt dazu die wissenschaftliche Arbeit in seinem Fachgebiet „Human-Environment Interactions“ (Mensch-Umwelt-Interaktionen).

Er trage gern zu einem größeren Gemeinwohl bei, sagt Andreas Braun. Und mit dem Kassel Institute will nicht nur die Uni Kassel selbst nach vorne in der internationalen Hochschullandschaft. Die bis zu 17 Professuren und rund 120 Mitarbeitenden, die dort in Zukunft zu ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit forschen und lehren werden, sollen im Prinzip das Wissen liefern, um die Welt besser zu machen.

Noch brauche es dafür ein wenig Fantasie, gibt Braun zu, wenn er Gäste am Fuß der Unteren Königsstraße in den bislang überschaubaren Räumen im vierten Stock empfängt. Aber: „Man kann richtig spüren, wie die Universität vibriert für dieses Vorhaben“, sagt er. Und schwärmt davon, dass die breit aufgestellte Hochschule „alles hat, was man für das Thema Nachhaltigkeit braucht“. Neben den neu einzurichtenden Professuren sei die bereits vorhandene Expertise in Kassel „die größte Ressource“, betont Braun. An rund einem Drittel der 344 Fachgebiete der Hochschule wird teils seit Jahrzehnten zu Nachhaltigkeitsthemen geforscht.

Im Kontrast zu manchen Universitäten, an denen ein „elitistisches Denken“ herrsche, empfinde er das soziale Miteinander in Kassel als wohltuend, sagt Braun. „Man begegnet sich auf Augenhöhe.“ Nicht nur die Hochschule, auch die Stadt Kassel finde er sympathisch. Er erlebe die Menschen hier als „sehr nahbar und offen“.

Weil seine beiden Kinder in Karlsruhe leben („da backe ich dann abends Pfannkuchen und helfe bei den Hausaufgaben“), pendelt Braun regelmäßig zwischen beiden Städten. Auch im Teil seiner Arbeitswoche in Kassel steigt er oft in den Zug: Die Hälfte seiner Zeit verbringt der 40-Jährige in Witzenhausen, wo seine Professur am Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften angesiedelt ist.

Wie wirken sich menschliche Handlungen auf die Umwelt aus – und wie wirken die Folgen in der Natur auf die menschliche Gesellschaft zurück? Verschiedene Aspekte dieser Frage sollen in dem neuen Fachgebiet erforscht werden. Im gerade beantragten Projekt „Hayday“ wollen Braun und sein Team untersuchen, wie sich Pflanzenvielfalt auf der Weide auf die Gesundheit von Kühen und deren Milch auswirkt.

Einen Forschungsschwerpunkt soll das Thema Landnutzungs-Epidemiologie bilden. Dabei geht es um gesundheitliche Folgen menschlicher Landnutzung. „Unter anderem weil der Mensch immer stärker in Naturräume eintritt, gibt es eine Renaissance der Infektionskrankheiten“, sagt Braun. Diese werden häufig von Tieren übertragen. Zika, Sars, Nipah – und zuletzt Corona, zählt er auf: „Es war nur eine Frage der Zeit, bis es ein Virus das erste Mal um die ganze Welt schafft.“ Forstplantagen für Palmöl oder Südfrüchte seien daher potenziell krankmachende Landschaften, erläutert der Geoökologe. In den Monokulturen gebe es nur wenige Pflanzenarten, sodass sich auch einzelne Tierarten, etwa Nager, übermäßig ausbreiteten. Diese wiederum könnten Krankheiten übertragen.

Der Stresszustand der Ökosysteme, das Bevölkerungswachstum und die globalen Waren- und Personenströme machten es fast zwangsläufig, dass weitere Pandemien auftreten, sagt Braun. Hierfür gelte es, das Gesundheitssystem besser vorzubereiten – und dabei Nachhaltigkeitsfragen zu berücksichtigen. Zu massenhaftem Müll durch Einwegmasken, Testkits und Plastikschutzwände gelte es, Alternativen zu suchen. (Von Katja Rudolph)

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