Drei Schutzengel für Britta Prinz: Patientin übersteht Autounfall nach Schlaganfall

Die 62-jährige Edertalerin übersteht einen Autounfall, die Rettung aus dem Fluss und einen schweren Schlaganfall nahezu schadlos.
Kassel/Edertal – Mit ihrer 85-jährigen Mutter ist Britta Prinz am 3. Februar im Auto unterwegs von Edertal nach Bad Wildungen – dort angekommen sind die beiden an diesem Tag jedoch nicht. In Giflitz verliert die 62-Jährige die Kontrolle über ihr Fahrzeug, durchbricht damit frontal ein Stahlgeländer und stürzt drei Meter in die Tiefe, hinein in den Wesebach. Der Grund für ihren Unfall: ein schwerer Schlaganfall. Heute, zwei Wochen später, geht es Britta Prinz wieder gut – trotz des schweren Unfalls, der komplizierten Rettung aus dem Wasser und den aufgetretenen Komplikationen bei der Schlaganfall-Behandlung in Kassel. Die Mediziner sind sicher: Britta Prinz hat sogar drei Schutzengel.
Noch vor dem großen Knall kommt sie mit ihrem Auto auf gerader Strecke auf die Gegenfahrbahn und touchiert ein Fahrzeug. „Ich habe noch geschimpft und gesagt: Was macht die Frau auf unserer Straßenseite. Wahrscheinlich war meine Wahrnehmung da bereits beeinträchtigt“, sagt Britta Prinz. Von dem Schlaganfall habe sie zuvor nichts bemerkt: „Es war alles in Ordnung. Ich habe mich gefühlt wie immer.“
Die Rettungskräfte sind schnell am Unfallort und befreien Britta Prinz und ihre Mutter aus dem Auto, das sich langsam mit Wasser füllt. Beide werden in die Asklepios-Stadtklinik nach Bad Wildungen gebracht, Britta Prinz später ins Kasseler Klinikum verlegt.
„Die Patientin hat riesiges Glück gehabt. Sie hat den Unfall nahezu schadlos überstanden, und alle äußeren Faktoren haben von Anfang an enorm gut funktioniert“, sagt Dr. Christian Roth, Chefarzt der Neurologie im Klinikum Kassel. „Viele Schlaganfälle werden nicht rechtzeitig erkannt, in dem Fall schon“, sagt er. Weil die Klinik in Bad Wildungen keine eigene Neurologie hat, zieht sie das Kasseler Klinikum zur telemedizinischen Beratung hinzu. Die beiden Krankenhäuser bilden zusammen mit 15 anderen Kliniken das Neuro-Netz-Mitte. „Wir haben in unserer Region nur wenige Krankenhäuser mit neurologischer Abteilung. Deshalb beraten wir andere Kliniken per Video“, sagt Roth.

Nach erster Diagnostik bei Britta Prinz stellt sich heraus, dass sie einen Schlaganfall erlitten hat, der auch Ursache des Unfalls gewesen ist. Gemeinsam entscheiden sich die Medizinerinnen und Mediziner, noch in Bad Wildungen mit einer Lysetherapie zu beginnen. Dabei wird versucht, durch Medikamente das Blutgerinnsel im Gehirn aufzulösen. Die Erfolgsaussichten seien bei einem großen Gefäßverschluss aber sehr gering, sagt Roth.
Deshalb erfolgt die notfallmäßige Verlegung ins Klinikum Kassel zur weiteren Therapie. Dort hat das Team um Dr. Ralf Siekmann, Chefarzt der Diagnostischen und interventionellen Neuroradiologie, das Blutgerinnsel der Patientin durch eine Thrombektomie entfernt. Diese Methode ist in Nordhessen nur im Kasseler Klinikum möglich. „Es war keine einfache Behandlung. Durch eine starke Verengung im Halsgefäß war es schwierig, mit dem Katheter über die Leistengefäße bis ins Gehirn vorzudringen“, sagt Siekmann.
Letztendlich gelingt es dem Chefarzt aber, das Blutgerinnsel zu entfernen und die Durchblutung so wieder herzustellen. Die Thrombektomie gilt seit sieben Jahren als etablierte Therapie. Im Klinikum Kassel werden etwa 180 von insgesamt 1400 Schlaganfall-Patienten damit pro Jahr behandelt. „Es geht hier wirklich um Minuten. Bei einem Gefäßverschluss im Gehirn sterben bereits nach kurzer Zeit die ersten Nervenzellen ab und nicht selten sind die Betroffenen danach pflegebedürftig“, sagt Roth.

Britta Prinz aber geht es gut. Sie merke nahezu nichts mehr; die schwere Halbseitenlähmung, die zunächst nach dem Schlaganfall sichtbar war, hat sich zurückentwickelt. „Einen Fall mit so vielen Schutzengeln habe ich noch nicht gesehen“, so Siekmann. Viele Patienten zeigen erst nach einem Jahr eine Verbesserung der Beschwerden. „Die Folgen sind eigentlich dramatisch“, sagt der Chefarzt.
Britta Prinz wartet aktuell noch auf einen Reha-Platz, ihre Behandlung im Klinikum ist abgeschlossen. „Ich freue mich auf zu Hause, aber ich freue mich auch auf die Reha. Da kann ich erst mal langsam machen“, sagt sie. Besuch bekommt Britta Prinz oft: von ihrem Mann – und auch von ihrer Mutter, die von dem Unfall auch nur leichte Prellungen davongetragen hat. „Wir sind zäh“, sagt Britta Prinz und lacht. „Es ist schon ein Wunder, wenn man sich das alles überlegt. Drei Schutzengel ... ob ich mir die verdient habe, weiß ich gar nicht.“