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Drohung: Geld oder Gewalt

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Von: Thomas Stier

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Kassel. Da hatte sich der 42-jährige Angeklagte offenbar ein recht einfaches Geschäftsmodell einfallen lassen: Gib mir Geld oder du kriegst Dresche, lautete seine Devise gegenüber seinen Nachbarn in einem vorwiegend von alleinstehenden Männern bewohnten Appartementhaus an der Kasseler Erzbergerstraße.

Wegen räuberischer Erpressung, Körperverletzung und Nötigung muss sich der Mann seit gestern vor der 1. Strafkammer des Landgerichts verantworten. Er soll unter Gewaltandrohung von seinen 73, 42 und 52 Jahre alten Opfern Geldbeträge zwischen 30 und 200 Euro erpresst haben.

Mit seiner wie poliert glänzenden Glatze und den kräftigen Armen ähnelt der Mann auf frappierende Weise dem Action-Schauspieler Bruce Willis, doch die ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfenen Straftaten gäben als Filmstoff höchstens etwas für ein kleines Gaunerstück her, das im Arbeitslosen- und Drogenmilieu angesiedelt ist.

Der Angeklagte habe gedroht, er werde ihm „den Arsch aufreißen“ oder die „Beine brechen“, wenn er nicht zahlt, sagte gestern ein 73-jähriger Zeuge aus.

Der hatte sich vom Angeklagten 20 Euro für eine Fußball-Wette geborgt und Rückzahlung von 30 Euro am nächsten Tag verabredet. Doch schon wenige Stunden später habe der Angeklagte das Geld zurückhaben wollen, ihn beschimpft und mit Schlägen bedroht.

Die Rückforderung wuchs schnell auf 100 Euro. Als der 73-Jährige nicht zahlen konnte, holte sich der Angeklagte einen relativ neuen Flachbildfernseher „als Pfand“ aus der Wohnung des Zeugen.

Das Gerät habe er später verkauft, sagte der 42-Jährige in weitschweifenden Erzählungen vor Richter Dreyer aus. Geldforderungen gegen andere Bewohner des Hauses begründete er mit „Provisionen“ für die Vermittlung von Arbeit bei einem Speditionsunternehmen oder als „Schmerzensgeld“ für was auch immer.

„Der hat das überall so gemacht“, sagte ein 42-jähriger Zeuge aus, der von dem Angeklagten derart eingeschüchtert worden war, dass er ihm 220 Euro aushändigte. Nach der Ankündigung, ständig weiter abkassieren zu wollen, hatte der Zeuge seinen Mitbewohner im vergangenen September bei der Polizei angezeigt.

Er sei auf Speed gewesen, habe zum Hantel-Stemmen Testosteron und Anabolika genommen, berichtete der 1973 in Kassel geborene Angeklagte, der seit September in der JVA in Wehlheiden in Untersuchungshaft sitzt. „Ich war voll druff wie´n Gaul“, begründete er in lupenreinem Kasseler Slang sein aggressives Auftreten beim nachbarschaftlichen Geldeintreiben.

Die Verhandlung wird am Mittwoch um 9 Uhr im Saal E 119 mit Zeugenanhörungen fortgesetzt. Dann wird auch mit einem Urteil gerechnet.

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