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Eklat im Lübcke-Ausschuss: Schwarz-Grün stimmt mit AfD

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Von: Matthias Lohr

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Der hessische Landtag in Wiesbaden: Hier tagt seit April der Untersuchungsausschuss zum Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke.
Der hessische Landtag in Wiesbaden: Hier tagt seit April der Untersuchungsausschuss zum Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke. © Arne Dedert/AFP

Bei einer geheimen Sitzung des Lübcke-Ausschusses im hessischen Landtag stimmte Schwarz-Grün mit der AfD gegen die restliche Opposition. Beobachter sprechen von einem Tabubruch.

Wiesbaden – Nur mit Stimmen der AfD haben die Regierungsparteien CDU und Grüne im Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zum Mordfall Walter Lübcke dafür gesorgt, dass eine Zeugin in nicht öffentlicher Sitzung befragt wird. Beobachter sprechen von einem „ungeheuerlichen Vorgang“ und vergleichen das Abstimmungsergebnis mit der Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten, die ebenfalls nur mit Stimmen der rechten Partei möglich wurde.

Nach Informationen der HNA stimmten CDU, Grüne und AfD in der geheimen Sitzung vorige Woche dafür, eine Mitarbeiterin des Landesamts für Verfassungsschutz bei der nächsten Sitzung des Ausschusses am 15. Dezember nicht öffentlich zu vernehmen. Dafür war eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Sämtliche Abgeordnete der drei Oppositionsparteien SPD, Linke und FDP waren dagegen. Weil die Beratung und die Beschlussfassung als geheim eingestuft wurde, darf sich von den Mitgliedern des Ausschusses niemand öffentlich zu dem Fall äußern.

Der Ausschussvorsitzende Christian Heinz (CDU) bestätigt auf Anfrage lediglich, dass „auf Antrag eines Zeugen/einer Zeugin nach intensiver Beratung mit der erforderlichen qualifizierten Mehrheit beschlossen“ worden sei, die Befragung nicht öffentlich vorzunehmen. Der Vergleich mit der Kemmerich-Wahl in Thüringen verbietet sich laut Heinz: „Dem Ausschuss stand kein politisches Ermessen zu, sondern er war aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, dem Gesuch zu entsprechen.“ Auch Eva Goldbach, innenpolitische Sprecherin der Grünen und Ausschussmitglied, versichert, dass „die Entscheidung allein aus verfassungsrechtlichen Gründen so getroffen wurde“.

Michael Lacher fragt sich jedoch, wieso die Vertreter der drei Oppositionsparteien dann anders abgestimmt haben. Der Kasseler Publizist und Blogger hat seit April jede Sitzung in Wiesbaden verfolgt und nennt das Abstimmungsergebnis einen „Tabubruch: Wenn Schwarz-Grün mithilfe der AfD verhindert, dass die Öffentlichkeit Kenntnis von Zeugenbefragungen bekommt, wird das Walter Lübcke nicht gerecht.“

Besonders kritisiert Lacher die Rolle der Grünen, da der Partei die zivilgesellschaftliche Öffentlichkeit wichtig sei: „Ihr Verhalten ist erbärmlich.“

Der Ausschuss soll die Rolle der hessischen Sicherheitsbehörden im Mordfall Lübcke aufarbeiten. Der Kasseler Regierungspräsident war 2019 von dem Rechtsextremisten Stephan Ernst erschossen worden. Bei der nächsten Sitzung am 15. und 16. Dezember sollen je drei Zeugen vernommen werden. Es soll dann vor allem um die rechtsextremistische Szene in Nordhessen und die Rolle von Ernsts einstigem Kumpel Markus H. gehen. (Matthias Lohr)

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