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Verschärfte Grenzwerte: Bis Ende 2024 müssen alte Kamine und Öfen erneuert werden

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Von: Bastian Ludwig

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Der Ofenhersteller und der Käufer: Die Firma Xeoos von Francisco Manriquez-Affel (links) hat Helmut Holzapfel den neuen Ofen mit zwei Brennkammern geliefert.
Der Ofenhersteller und der Käufer: Die Firma Xeoos von Francisco Manriquez-Affel (links) hat Helmut Holzapfel den neuen Ofen mit zwei Brennkammern geliefert. © Bastian Ludwig

Mit der Energiekrise stieg die Nachfrage nach Holzöfen und Kaminen. Aufgrund einer Bundesgesetzgebung müssen Öfen und Kamine, die vor 2010 installiert wurden, bis Ende 2024 nachgerüstet oder erneuert werden, um die neuen Grenzwerte einzuhalten. Ein Kasseler setzt auf ein besonders emissionsarmes Modell mit Filtertechnik.

Kassel - Mit der Energiekrise und den stark gestiegenen Gas- und Heizölpreisen feierten Kamin- und Kachelöfen eine Renaissance. Das Problem gerade an älteren Modellen sei der hohe Feinstaubausstoß, der die Gesundheit belaste, so Umweltdezernent Christof Nolda (Grüne). Um die Emissionen zu senken, müssen laut Bundesgesetzgebung bis Ende 2024 sämtliche Öfen und Kamine, die bis zum 21. März 2010 eingebaut wurden, entweder ersetzt oder nachgerüstet werden. Andernfalls müssen sie stillgelegt werden. In Kassel wurde jetzt ein modernes Ofensystem mit deutlich reduziertem Ausstoß präsentiert.

Bereits in den vergangenen Jahren wurden durch Verschärfung des Bundesimmissionsschutzgesetzes schrittweise alte Öfen aus dem Verkehr gezogen. So mussten sämtliche Anlagen, die vor 1995 aufgestellt wurden, spätestens 2020 erneuert werden. Im nächsten Schritt müssten nun bundesweit weitere neun Millionen Öfen ausgetauscht oder nachgerüstet werden, hat die Schornsteinfegerinnung ermittelt. Ausnahmen gelten nur für historische Öfen oder Kamine, die bereits vor 1950 installiert wurden.

Umweltdezernent Nolda hält die Verschärfung der Gesetze für richtig: „Wir konnten auch in Kassel beobachten, dass die Feinstaubbelastung durch den Verkehr durch moderne Technik über die Jahre deutlich gesunken ist.“ Um die EU-Grenzwerte für Feinstaub und Kohlenmonoxid einzuhalten, müssten die Öfen ebenfalls weiterentwickelt werden.

Auf dem Dach: Schornsteinfeger Wolfgang Truß (links) und Umweltexperte Axel Friedrich bei der Messung.
Auf dem Dach: Schornsteinfeger Wolfgang Truß (links) und Umweltexperte Axel Friedrich bei der Messung. © Bastian Ludwig

Die Technik dafür steht bereits zur Verfügung. So wurde jetzt von Axel Friedrich, einem ehemaligen Mitarbeiter des Umweltbundesamtes, der heute Umweltverbände berät, ein Ofen mit zwei Brennkammern und zusätzlichem Abscheider präsentiert. Die Anlage benötige aufgrund der zwei Brennkammern nicht nur weniger Holz, sondern verursache wegen der hohen Temperaturen und der am Schornstein installierten Filtertechnik 94 bis 95 Prozent weniger Feinstaub. Als Beweis nahm Friedrich entsprechende Messungen am Schornstein vor. Weiterer Vorteil sei, dass der Ofen kaum Geruch erzeuge.

Ofen und Filtertechnik kosteten zusammen ungefähr 6000 Euro. Allein der Filter, der allerdings bisher nur für neue und nicht für alte Öfen zur Nachrüstung zugelassen sei, kostet 2000 Euro. Sollte sich die Technik gut verkaufen, werde der Preis sicher durch höhere Stückzahlen sinken, vermutet Friedrich.

Wer muss nun tätig werden? Im Bundes-Immissionsschutzgesetz ist geregelt, welche Grenzwerte (u.a. Kohlenmonoxid, Feinstaub) Öfen einhalten müssen. Öfen, die älter als 2010 (Typenschild) sind, müssen die Grenzwerte bis Ende 2024 erfüllen. Tun sie dies nicht, müssen sie ersetzt oder durch Filter nachgerüstet werden. Andernfalls legt der Schornsteinfeger den Ofen still. Es drohen zudem Bußgelder des Ordnungsamtes von bis zu 50 000 Euro. Neuere Ofenmodelle (ab 2010) erfüllen die Vorgaben bereits.

Kasseler heizt mit gutem Gewissen

Kassel – Als Verkehrswissenschaftler hatte Helmut Holzapfel an der Uni Kassel viele Jahre lang die Auswirkungen des Verkehrs im Blick. Im Ruhestand und als Privatmann hat er sich nun dem Schadstoffausstoß seiner Heizung gewidmet. Bislang hatte der Wahlershäuser eine Gasheizung. Nun ist er auf einen modernen Holzofen mit zwei Brennkammern und Filtertechnik umgestiegen.

Dieser verursacht nach Auskunft von Axel Friedrich, ehemals beim Umweltbundesamt tätig und ein Bekannter von Holzapfel, bis zu 95 Prozent weniger Emissionen. Dies ist das Ergebnis seiner Messung.

Die Technik ist nicht ganz neu. Bereits seit 20 Jahren produziert die Firma Xeoos Kaminöfen mit zwei Brennkammern in Hatzfeld (Waldeck-Frankenberg). Vor fünf Jahren hat Francisco Manriquez-Affeld den Betrieb übernommen. Die Entwicklung der Öfen habe der Firmengründer gemeinsam mit der Uni Kassel vorangetrieben. Durch zwei Brennkammern lasse sich eine sehr hohe Temperatur von 1200 Grad erzeugen. „Dabei wird alles verbrannt, es entstehen weniger Rußpartikel“, sagt Manriquez-Affeld. Zudem sei der Ofen sehr effizient und verbrauche weniger Holz. „Vor 20 Jahren hat sich kaum jemand für das Thema interessiert“, erzählt der Geschäftsführer. Holz sei lange Zeit nicht teuer gewesen, und die Gefahren des Feinstaubs seien noch nicht so stark diskutiert worden. Mittlerweile gebe es aber mehrere Hersteller, die Systeme mit zwei Brennkammern produzierten.

Auf die gesundheitlichen Auswirkungen von Feinstaub weist Axel Friedrich hin: Mittlerweile sei wissenschaftlich belegt, dass ultrafeine Partikel, auch Ultrafeinstaub genannt, durch die Nase sogar ins Gehirn dringen können und dort für ein erhöhtes Risiko einer Parkinson- oder Alzheimererkrankung sorgen. Hinzu kämen die Schäden, die an der Lunge entstehen. Durch den Abscheider – bei Holzapfel ist einer des Herstellers Exodraft im Einsatz – würden auch diese ultrafeinen Partikel gefiltert.

Schornsteinfeger Wolfgang Truß sieht einiges an Arbeit auf ihn und seine Kolleginnen und Kollegen zukommen. Denn ab 2025 müssten die Schornsteinfeger die Einhaltung der Grenzwerte bei Öfen mit Festbrennstoffen regelmäßig im Betrieb prüfen. Weil gleichzeitig durch die stärkere Nutzung von Wärmepumpen immer weniger Öl- und Gasheizungen im Betrieb seien, falle auf der anderen Seite auch wieder Arbeit weg. Kassels Umweltdezernent Christof Nolda (Grüne) hofft, dass durch die neue Gesetzgebung die Feinstaubbelastung in Kassel sinkt. Wegen der Kessellage der Stadt sei dies besonders wichtig.

Das Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), das die Luftqualität in Kassel an zwei Stationen fortlaufend misst, kann nicht sagen, welche Rolle der durch die Energiekrise verstärkte Betrieb von Holzöfen bei der Feinstaubbelastung in Kassel spielt.

„Ob die vermehrte Verbrennung von Holz oder Kohle zu höheren Feinstaubwerten führt, lässt sich nicht so ohne Weiteres aus den Messdaten ableiten. Denn wie sich erhöhte Feinstaubemissionen in der Feinstaubkonzentration der Außenluft niederschlagen, wird immer auch überlagert von meteorologischen Bedingungen wie Witterung und Ferntransport der Partikel“, so eine Meteorologin des Landesamtes.

Der Mittelwert der Feinstaubwerte sei über die vergangenen Monate jedenfalls nicht signifikant gestiegen. Um ein genaues Bild zu erhalten, müssten die meteorologischen Effekte isoliert und die Daten über mehrere Jahre an verschiedenen Messpunkten verglichen werden. Eine solche Analyse habe aber bisher nicht stattgefunden, heißt es. (Bastian Ludwig)

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